Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde in Österreich eine Kommission geschaffen, die über "militärische Pflichtverletzungen" in der ehemaligen k. u. k. Armee zu befinden hatte. Heute würde man manche davon als Kriegsverbrechen bezeichnen.Im Mittelpunkt dieses Buches steht das Verfahren gegen den späteren Nobelpreisträger Julius Wagner-Jauregg. Der berühmte Arzt hatte sich wegen brutaler Übergriffe an seiner Klinik bei der Faradisierung, der elektrotherapeutischen Behandlung von sogenannten Kriegsneurotikern zu verantworten. Sigmund Freud verfaßsste ein Gutachten über die Elektrotherapie und sagte als Sachverständiger vor der Kommission aus. Dabei kam es zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen traditioneller Psychiatrie und Psychoanalyse, die hier ausführlich dargestellt und kommentiert wird. Eine Therapie, die den Patienten normalisieren und eine, die ihn verstehen will, standen einander gegenüber. Im Grunde aber mehr: zwei Auffassungen vom Menschen. Der Autor hat nicht nur einen medizinhistorischen Streitfall aufgerollt, sondern auch das Verhältnis Neurose - Simulation und die Problematik der Militärpsychiatrie analysiert.Kurt R. Eissler, geboren 1908 in Wien, Dr. phil., Dr. med. und psychoanalytische Ausbildung in Wien, emigrierte 1938 in die USA und arbeitete als Psychoanalytiker in New York. K. R. Eissler hat die Sigmund-Freud-Archives begründet und in dreißigjähriger Arbeit zur bedeutendsten Sammlung von Freudiana ausgebaut. Er verstarb 1999 in New York.
INHALT
A. Historischer Teil 17
I. Die historische Situation 19
II. Wie es zur Untersuchung gegen Wagner-Jauregg kam 23
III. Die Verhandlung ........................................................................................... 29
1. Das Gutachten Freuds .............................................................................. 29
2. Der erste Verhandlungstag ...................................................................... 35
Vorbemerkung ............................................................................................ 35
Die Einvernahme Wagner-Jaureggs ......................................................... 38
Die Einvernahme Freuds ......................................................................... 52
Kommentar ................................................................................................. 62
3. Der zweite Verhandlungstag ................................................................... 69
Der Angriff gegen die Psychoanalyse ................................................... 69
Kommentar ................................................................................................. 82
IV. Nachspiel ......................................................................................................... 89
B. Kritischer Teil 93
I. Hat sich Wagner-Jauregg einer militärischen Pflichtverletzung schuldig
gemacht ............................................................................................................ 95
II. Kritische Bemerkungen zu Untersuchung und Verhandlung 110
III. Der Fall Kauders ........................................................................................... 125
1. Einleitung ................................................................................................... 125
2. Lebensgeschichte ...................................................................................... 127
3. Kriegs- und Spitalserinnerungen .............................................................. 143
4. Die ärztlichen Berichte und Befunde ................................................... 157
IV. Diskussion des Falles Kauders ...................................................................... 164
C. Theoretischer Teil 181
Exkurs über Simulation ......................................................................................... 190
Exkurs über die Therapie der Kriegsneurosen ................................................... 219
D. Schlußbemerkungen ................................................................... 239
Anhang ............................................................................................. 251
Anhang 1 .................................................................................................................. 253
Über das Wirken der Kommission zur Erhebung militärischer Pflichtverletzungen und über die Reaktion der Zivilbevölkerung auf das Ende
von Kriegen
Anhang 2 .................................................................................................................. 262
Die zur Behandlung der sogenannten Kriegsneurosen verwendete
Apparatur
Anhang 3 .................................................................................................................. 266
Kommentar zu Freuds Gutachten
Anhang 4 .................................................................................................................. 271
Dr. Kozlowskis Brief an die Kommission
Anhang 5 ................................................................................................................. 276
Dr. Ferenczis Brief an die Kommission
Anhang 6 .................................................................................................................. 277
Über einen Aspekt der Beziehung Emil Raimanns zu Sigmund Freud
Anhang 7 ................................................................................................................. 281
Wilhelm Erb über die Erkrankung Kauders’
Anhang 8 .................................................................................................................. 286
Bemerkungen über den C-Befund
Anmerkungen ......................................................................................................... 289
Literaturnachweis .................................................................................................... 313
Namenregister ......................................................................................................... 325
Sachregister ............................................................................................................... 329