Wie gestaltete sich Alltag im Angesicht von Verfolgung und Tod? Die Holocaustforschung nimmt neuerdings verstärkt das jüdische Leben in den Blick. Dieser Band versammelt aktuelle Studien zu den Lebenswelten der Opfer im Großdeutschen Reich, zu ihren Wahrnehmungen, Handlungsspielräumen und Reaktionen, sei es in Berlin, Wien oder Theresienstadt, im Ghetto oder im Versteck. Die verfolgten Juden und "Mischlinge" erscheinen in dieser Perspektive als Mitglieder von Familien, Organisationen und Gemeinschaften, vor allem aber als handelnde Individuen, die einen Alltag, eine neue Normalität in unnormalen Verhältnissen erstrebten und erfuhren. Diese Menschen versuchten nicht nur zu überleben, sondern zu leben. (Verlagstext)
INHALT
Doris L. Bergen, Anna Häjkovä, Andrea Löw
Warum eine Alltagsgeschichte des Holocaust? 1
Beate Meyer
Alltagsgeschichtliche Aspekte der VerfolgungFunktionäre, Mitarbeiter und Mitglieder der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zur Zeit der Deportationen (1941-1943) 13
Beate Kosmala
Überlebensstrategien jüdischer Frauen in BerlinFlucht vor der Deportation (1941-1943) 29
Richard Lutjens
Vom Untertauchen: "U-Boote" und der Berliner Alltag 1941-1945 49
Maria von der Heydt
"Wer fährt denn gerne mit dem Judenstern in der Straßenbahn?"
Die Ambivalenz des "geltungsjüdischen" Alltags zwischen 1941 und 1945 65
Michaela Raggam-Blesch
"Mischlinge" und "Geltungsjuden"Alltag und Verfolgungserfahrungen von Frauen und Männern halbjüdischer Herkunft in Wien 1938-1945 81
Dieter Hecht
Jüdische Jugendliche während der Shoah in Wien - Der Freundeskreis von Ilse und Kurt Mezei 99
Mary Fulbrook
"Unschuldig schuldig werden"? Systemische Gewalt und die Verfolgung der Juden von Bedzin 117
Benjamin Frommer
Verfolgung durch die PresseWie Prager Bürokraten und die tschechische Polizei halfen, die Juden des Protektorats zu isolieren 137
Magda Veselská
"Sie müssen sich als Jude dessen bewusst sein, welche Opfer zu tragen sind ..."
Handlungsspielräume der jüdischen Kultusgemeinden im Protektorat bis zum Ende der großen Deportationen 151
Lisa Peschei
Gegen eine uniforme Definition des Jüdischseins: Drei Kabaretts aus dem Ghetto Theresienstadt 167
Anna Hájková
Mutmaßungen über deutsche Juden: Alte Menschen aus Deutschland im Theresienstädter Ghetto 179
Silvia Coldbaum Tarabini Fracapane
"Wir erfuhren, was es heißt, hungrig zu sein." Aspekte des Alltagslebens dänischer Juden in Theresienstadt 199
Maura Hametz
"Leben im Blut" in der schönen Stadt: Juden und Nationalsozialisten in Triest 1943-1945 217
Susanne Heim
Widersprüchliche LoyalitätenDie Reaktionen internationaler jüdischer
Hilfsorganisationen auf die Situation der deutschen Juden 237
Abkürzungen 253
Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes 257