Monatelang brandete 1945 eine Selbstmordwelle durch Deutschland, die Tausende, Frauen, Männer und Kinder, in den Untergang riss. In welchen Abgrund hatten die Menschen geblickt, dass sie angesichts der Befreiung vom Dritten Reich nur im Tod einen Ausweg sahen? Aus der Sicht derer, die das unfassbare Geschehen selbst miterlebt haben, erzählt der Historiker Florian Huber von dem größten Massenselbstmord der deutschen Geschichte und seiner Verdrängung durch die Überlebenden.
Am 30. April 1945 schoss sich Adolf Hitler in Berlin eine Kugel in den Kopf. Zur selben Zeit strömten im Städtchen Demmin beim Einmarsch der Roten Armee hunderte Menschen in Flüsse und Wälder, um sich dort umzubringen. Ganze Familien wurden ausgelöscht, Eltern töteten ihre Kinder. Demmin ist nur ein Beispiel unter vielen: Eine Selbstmordepidemie ergriff tausende Menschen im ganzen Land. Basierend auf Tagebüchern, Briefen, Berichten und Erinnerungen erzählt dieses Buch erstmals vom Untergang der kleinen Leute. Die Massenselbstmorde von 1945 sind ein bis heute verdrängtes Kapitel der Zeitgeschichte, für die seelischen Wunden, die Überlebende und Angehörige davontrugen, interessierte sich jahrzehntelang niemand. Beidem, der Selbstmordwelle wie dem Schweigen, Verdrängen und Vergessen, lag dasselbe Motiv zugrunde, die Flucht vor dem Unerträglichen. Die tieferen Ursachen aber verbargen sich in der Innenwelt der Deutschen, die zwölf Jahre lang im emotionalen Ausnahmezustand gelebt hatten. Florian Huber entwickelt die Geschichte der Gemüts- und Gedankenwelt der Menschen im Dritten Reich im Wechsel von historischer Reportage und Mentalitätsstudie - ein fesselnder Blick auf die Gefühle der kleinen Leute, die in ihren Untergang marschierten. (Verlagstext)
/ AUS DEM INHALT: / / /
TEIL 1
Vier Tage in Demmin
Fluss ohne Brücken 9
Krieg ohne Grenzen 23
Die Augen des Feindes 33
Turm der Finsternis 51
Die Geister von Demmin 71
TEIL II
Demmin ist überall
Rufer aus dem Trümmertempel 81
Eine Welle rollt ins Reich 86
Der Lehrer und seine Frau 95
Höllenmaschine 100
Der Tod im Westen 106
Die Wachsfiguren von Leipzig 113
Hauptstadt ohne Hoffnung 124
Im Dunkel der Zahlen 134
TEIL III
Im Taumel der Gefühle
Die Wunde Deutschland 143
Hungern und Schwärmen 153
Fackeln im Winter, Veilchen im März 162
Teil von etwas Großem 178
Ein Spalt in der Seele 187
Die glücklichen Jahre 192
Verliebt in den Führer 200
Der Geruch der Angst 208
Sieger sein 215
Eine Ahnung, von Abgrund 221
Der Schatten der anderen 233
Gefrorene Seele 238
TEIL IV
Der Sog des Schweigens
Ein Vorhang gegen die Wirklichkeit 253
Die Unfähigkeit zu fühlen 261
Opfer sein 268
Die Geister der Vergessenen 274
Quellenverweise 383
Quellen und Literatur 302
Bildnachweise 303