Gefängnisse haben als (potenzielle) Orte für Radikalisierungsprozesse in den vergangenen Jahren eine besondere Aufmerksamkeit erfahren. Das Buch gibt auf Basis umfangreicher empirischer Analysen einen Überblick über (sozial-)pädagogische Projekte zur Prävention und Deradikalisierung im deutschen Strafvollzug. Dazu werden die Herausforderungen und paradoxalen Anforderungen dargestellt, die sich aus dem institutionellen Setting Gefängnis einerseits und dem Gegenstand der Radikalisierungsprävention andererseits für die Soziale Arbeit ergeben. Im Fokus stehen dabei vor allem Strategien der Professionellen, mit diesen umzugehen.
Inhalt
1 Einleitung: Radikalisierungsprävention im Gefängnis -
eine unwahrscheinliche Option? 9
2 (Sozial-)Pädagogische Bearbeitung von Radikalisierung in Haft 14
2.1 Radikalisierung im Justizvollzug 14
2.2 Prävention und Deradikalisierung im Justizvollzug 18
2.3 Herausforderungen für pädagogische Arbeit in Haft 20
2.3.1 Sicherheit und Resozialisierung 20
2.3.2 Psychosoziale Situation inhaftierter Menschen 22
2.3.3 Soziale Beziehungen in Haft 23
2.4 Modellprojekte im Rahmen von „Demokratie leben!“ 27
2.4.1 Übersicht über den Programmbereich 28
2.4.2 Faktoren und Entwicklungen der Modellprojektarbeit 30
3 Hintergrund und Methoden der Studie 34
3.1 Wissenschaftliche Begleitung als Kontext 34
3.2 Methodisches Vorgehen 35
3.2.1 Datenerhebung 35
3.2.2 Auswertungsmethodik 37
4 Spezifische Rahmenbedingungen und Herausforderungen
der pädagogischen Arbeit in Haft 41
4.1 Die Triade aus zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren,
Justizbediensteten und Inhaftierten 41
4.2 Paradoxien pädagogischen Handelns im Haftkontext 43
5 (Sozial-)Pädagogische Arbeit im Gruppensetting 47
5.1 Rahmenbedingungen pädagogischer Gruppenarbeit im Haftkontext 47
5.1.1 Zwischen Freizeitangebot und Behandlungsmaßnahme:
Strukturelle Verortungen der Gruppenangebote 48
5.1.1.1 Vielfältige Konstellationen der institutionellen
Integration der Gruppenangebote 48
5.1.1.2 Integration von zivilgesellschaftlichen Angeboten
in die Vollzugsplanung: zwischen Aufwertung und
Vereinnahmung 50
5.1.2 Konzeptuelle Ausrichtung der Arbeit im Gruppensetting 52
5.2 Zum Umgang mit Herausforderungen und Paradoxien
der pädagogischen Arbeit im Gruppensetting 54
5.2.1 Institutionell-professionelle Verhältnisbestimmungen:
Sicherheit vs. Pädagogik 54
5.2.1.1 Zwischen Anpassung und pädagogischer
Selbstbehauptung oder: Wie gelingt es, Teil des
Vollzugssystems zu werden, ohne dabei das eigene
pädagogische Profil aufzugeben? 55
5.2.1.2 Vollzugliche Sicherheitsorientierung vs. pädagogische
Prinzipien 60
5.2.2 Konzeptionell-inhaltliche Verhältnisbestimmungen:
Prävention vs. Pädagogik 69
5.2.2.1 Angebotskommunikation zwischen Transparenz
und Stigmatisierungsgefahr 70
5.2.2.2 Gruppenangebote zwischen Präventionsauftrag
und offenen pädagogischen Ansätzen 75
5.2.3 Situativ-interaktive Verhältnisbestimmungen: Paradoxien
und herausforderungsvolle Dynamiken in der pädagogischen
Interaktion 81
5.2.3.1 Wunsch nach Orientierung vs. Prävention und
Deradikalisierung als V erunsicherungsarbeit 81
5.2.3.2 Zwischen selbstzweckhafter „Modulbürokratie“
und pädagogischer „ Verzettelung" 89
5.2.3.3 Demokratieförderung in hierarchischen Strukturen 94
5.2.3.4 Umgang mit ideologischen Äußerungen Einzelner im
universal- bzw. selektivpräventiven Gruppensetting 98
6 Distanzierungs- und Deradikalisierungsarbeit
im Einzelsetting 104
6.1 Rahmenbedingungen von Einzelfallarbeit im Haftkontext 104
6.1.1 Strukturelle Bedingungen 104
6.1.2 Pädagogische Ansätze und fachliche Bezüge 107
6.1.2.1 Prämissen der Arbeit 108
6.1.2.2 Erstansprache 109
6.1.2.3 Freiwilligkeit im Zwangskontext 111
6.1.2.4 Vertrauens- und Beziehungsaufbau 112
6.1.2.5 Fallanamnese und Einzelfallorientierung 113
6.1.2.6 Methodenkoffer 114
6.1.2.7 Fallabschluss und Betreuung bei Haftentlassung 116
6.2 Zum Umgang mit Herausforderungen und Paradoxien
in der Einzelfallarbeit 117
6.2.1 Wohldosierte Sicherheit 117
6.2.2 Vertrauensvoller Abstand 123
6.2.3 Begleitete Selbsterkenntnis 129
6.2.4 Widrige Umstände nutzbar machen 132
6.2.5 Methode ist gut, Beziehungist besser? 136
7 Die Rolle der Justizbediensteten 140
7.1 Zusammenarbeit von Vollzug und Zivilgesellschaft 141
7.1.1 Irritationen zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren
und Gefängnisbediensteten 143
7.1.2 Drei Modi des Vertrauensaufbaus 145
7.2 Spezifische Herausforderungen durch Fachkräfte
mit demokratiefernen Einstellungen 146
7.2.1 Elemente Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit 148
7.2.2 Normalisierung und Affirmation von rechten Einstellungen
und Rechtsextremismus 149
7.3 Fortbildungen für Justizbedienstete 150
7.3.1 Sind die Justizbediensteten für Radikalisierungsprävention
zuständig? 153
7.3.2 Wie die Paradoxie von Orientierung und Verunsicherung
auch in Fortbildungen auftritt 156
7.3.2.1 Zwei Rezeptionsweisen von Radikalisierungs
einschätzung: „So eine Art Raster“ und
„Kein Schubladendenken“ 157
7.3.2.2 Thematisierungen des Islam in Fortbildungen zu
demokratiefeindlichem Islamismus 160
7.3.3 Was tun, wenn die Teilnehmenden Rechtsextremismus
nicht problematisch finden oder selbst pauschalisierende
Abwertungen äußern? 164
7.3.3.1 Fortbildung 1: Die Herstellung eines Arbeits
bündnisses misslingt 164
7.3.3.2 Fortbildung 2: Versuche, islamskeptische Aussagen
einer Teilnehmerin zu kontern 168
7.3.3.3 Umgangsstrategien mit Vorurteilen bei
Teilnehmenden an Fortbildungen 171
7.4 Arbeit am „System Haft“ 174
7.4.1 Schwierige Organisationsberatungsprozesse als Ausdruck
verfrühter Rollenaneignungen der zivilgesellschaftlichen
Akteure 175
7.4.2 Gereiftere Expertenrollen für zivilgesellschaftliche Akteure
im Gefängnis 177
8 Fazit: Möglichkeitsräume für Veränderungsprozesse in Haft
in den Blick nehmen 179
Literatur 183
Die Autorinnen 190