Schriftsteller beanspruchen im Prozess der Modernisierung eine wichtige Rolle als Verfasser von Dorfromanen, als nationale Propagandisten in den Befreiungskriegen, als Mitspieler in der Literatur der französischen Moderne (Heinrich Heine), als Träger des deutschen Nationalbewusstseins und als Begründer einer nationalen Staatlichkeit nach 1870. Der Band versammelt Arbeiten zur Sozialgeschichte der Literatur, unter anderem über Strategien der Bauernaufklärung, über kulturelle Stereotypen in den deutsch-französischen Kulturbeziehungen, über Gender-Mythen und Mystifikationen im Vormärz, über den "französischen" Heine sowie über David Friedrich Strauß und die Rezeption der Religionsphilosophie Hegels; ferner geht es um Geschichtsbilder und die Mentalität der Gebildeten im Kaiserreich sowie um theoretische Fragen der Modernisierung und der literarischen Moderne um 1900. (Verlagstext)
AUS DEM INHALT:
Inhalt
1. Dorfromane der Spätaufklärung
1.1 Funktion der Fiktion
1.2 Die konstituierenden Elemente der Fiktion
1.3 Zwei Modelle der sozialen Ordnung des Dorfes
1.4 Protoindustrielle Aspekte
1.5 Soziale Kontrollen
2. Siegen lernen. über Entstehung und Funktionswandel eines nationalen Stereotyps in den Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich
2.1 Einleitung
2.2 Lernen nach verlorenen Kriegen
2.3 Gegen Napoleon
2.4 Nach Valmy
2.5 Die Mobilisierung der Kulturnation
3. Hermannsschlachten als Kulturkampf. Literarische Legitimationsdiskurse zu einem nationalen Mythos
3.1 Einleitung
3.2 Vom Opernlibretto zum Trauerspiel
3.3 Von Klopstock zu Kleist: Revolutionäre Entmoralisierung
3.4 Das ironische Ende bei Grabbe
4. über das Verhältnis von Mythos und Geschichte am Beispiel der Bearbeitungen des Libussa- Stoffes durch Brentano, Ebert, Mundt und Grillparzer
4.1 Einleitung
4.2 Brentanos romantischer Fundamentalismus
4.3 Die biedermeierliche Säkularisierung des Mythos in Carl Egon Eberts Versepos Wlasta
4.4 Theodor Mundts saint- simonistische Utopie
4.5 Das goldene Zeitalter der Frauenherrschaft in Grillparzers Libussa
4.6 Schluss
5. Emanzipation der Frau und Mythisierung der Geschlechterbeziehungen bei Autoren des Jungen Deutschland
5.1 Einleitung: Saint- simonistische Themen in der jungdeutschen Rezeption
5.2 Die Hebung des Weibes auf das Niveau des Mannes als individuelle Katastrophe
5.3 Mundts "Wiedereinsetzung des Fleisches" und Gutzkows "schöne Jüdin"
6. Literarische Voraussetzungen, Kontexte und Nachwirkungen von David Friedrich Strauß' Leben Jesu im Vormärz
6.1 Einleitung
6.2 Rationalistischer Zweifel und moderne Krise
6.3 Die Geburt der Hegelschen Linken aus dem Geist der theologischen Orthodoxie
6.4 Das "begriffene Wesen" des Christentums
6.5 Taten des Lebens und Scheu vor der Praxis
6.6 Religionskritik in imaginierten Lebenswelten
6.7 Schluss
7. Marktorientierung und Wertkonservatismus bei Autoren der 1830er Jahre
7.1 Einleitung
7.2 Zeitgenössische Hypothesen über den Literaturmarkt und das neue Lesepublikum
7.3 Die unterschiedlichen Normen des Arrivierens und des Arriviert- Seins
7.4 Fiktionalisierung als Kritik und als Apologie
8. Kontexte zu Georg Weerths Berichten über Proletarier in England
9. Heinrich Heine und Henri Enn. Der französische Heine und die deutsche Kritik
9.1 Einleitung
9.2 "Henri Enn", der französische Heine
9.3 Heines Weg nach Frankreich
9.4 Heines Orientierung auf den französischen Markt
9.5 Der "französische" Heine in Deutschland
10. Die "Leitartikel" zu den Hamburger Heinedenkmalen. Denkmalgeschichte als Rezeptionsgeschichte. 1897, 1906, 1956
10.1 Einleitung
10.2 Paul Heyses Initiative von 1887
10.3 Alfred Kerrs Initiative von 1906
10.4 Das Heinedenkmal auf dem Rathausmarkt
11. Repräsentative Kultur und Sezessionsbewegungen im Kaiserreich
Repräsentative Kultur
Konservative Kulturkritik
Naturalismus
Sezessionsbewegungen
Publikum der Außenseiter
ästhetisches Selbstbewußtsein
12. Ideale Geschichtsdeutung und Mentalität der Gebildeten im Kaiserreich
12.1 Eine kulturelle "Stiftungslegende"
12.2 Funktionswandel der "Stiftungslegende"
12.3 Männer machen die Geschichte
12.4 Wilhelminischer Idealismus und "Imperiale Gala- Oper"
12.5 Der Idealismus der Untertanen
12.6 Organisierte Interessen und konservative Kulturkritik
13. Ideale Geschichtsdeutung und literarische Opposition um 1890
13.1 Gegen den "Verlegenheitsidealismus"
13.2 Neue Radikalität
13.3 Unterschiedliche Formen der Konkretisierung
13.4 Der ungewollte Konflikt mit den staatlichen Autoritäten
13.5 Orientierungen außerhalb der repräsentativen Kultur
13.6 Kultur der Elite und Massenkultur
14. Die idealistische Deutung der Reichsgründung und ihr Funktionswandel im Kaiserreich
15. Wahrheit, Wirklichkeit, Weltanschauung. Die naturwissenschaftliche Essayistik und ihre geisteswissenschaftliche Rezeption um 1900
16. Die Moderne, die Modernisierung und die Marginalisierung der Literatur. Anmerkungen zu einigen Hypothesen über Literatur und Gesellschaft in Deutschland um 1900
16.1 "Die Moderne" und die Modernisierung
16.2 "Unvollständige Modernisierung" und Marginalisierung
16.3 Die Situation der Autoren im Prozess der Modernisierung
16.4 Generalisierter Anspruch und partikulare Geltung
16.5 Der soziale Ort der Moderne
17. Dekadenzliteratur und Ästhetizismus
17.1 Der Begriff der décadence
17.2 Literarische Darstellungen und Kritik der décadence
17.3 Offensive Konzepte des Ästhetizismus: Wilde, Huysmans, Nietzsche
17.4 Der leidende Ästhet: Hofmannsthals Der Tor und der Tod (I)
17.5 Kritik und Verteidigung des Ästhetizismus: Hofmannsthals Der Tor und der Tod (II)
17.6 Theoretische Perspektiven des Ästhetizismus
18. Satirische Struktur und Realitätszitate in Heinrich Manns Roman Der Untertan
18.1 Einleitung
18.2 Realitätszitate
18.3 Das Deutungsangebot der Theatermetapher
18.4 Normative Kontexte
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