(I-23/08-C3) (GM ZWs / PL)
Als Siebenjähriger entkommt Boris Cyrulnik nur knapp einer Razzia der Nationalsozialisten. Zu diesem Zeitpunkt sind seine Eltern bereits in Vernichtungslager verschleppt worden. Sein Leben lang versucht Cyrulnik zu verstehen, wie solch eine mörderische Ideologie, die seinen Tod wollte, entstehen konnte. Warum werden manche Menschen zu Mitläufern, die sich dem herrschenden Diskurs anpassen, manchmal bis hin zur Verblendung, zum Mord, zum Genozid? Warum gelingt es wiederum anderen, sich davon zu befreien und selbstständig zu denken? In seinem bewegenden und tiefgründigen Buch untersucht Boris Cyrulnik, wie unser Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit und in der Kindheit gelernte Identitätsstrategien zu Konformismus verleiten - und damit zur Akzeptanz von Lügen und Manipulation. Gleichzeitig stellt er auch gesellschaftliche Fragen, die aktueller nicht sein könnten: Wie können wir dem Diskurs des Hasses widerstehen? Wie können wir uns der Sprache des Totalitarismus verweigern? Angesichts von allzu einfachen Erklärungen mit vermeintlich leicht zu identifizierenden Schuldigen ist es für das Individuum schwierig, die Fähigkeit zur selbstständigen Urteilsbildung zu bewahren. Doch Cyrulnik lädt uns ein, unsere innere Freiheit und den Weg zum selbstständigen Denken zu entdecken.
Inhalt
Kinder auf den Krieg vorbereiten 7
Einen Verbrecher lieben 15
Das Unmögliche erzählen 19
Als Opfer Karriere machen oder dem
Unglück einen Sinn geben 24
Die Welt sehen lernen 30
Die Welt erforschen oder hierarchisch gliedern 38
Die Stirn bieten 44
Falsche Klarheit 49
Selbstständig denken 56
Lieben, um zu denken 61
Der Kultur gemäß delirieren 64
An die Welt glauben, die man erfindet 69
Die Welt, die man wahrnimmt, einfärben 77
Der Realität und dem, was man fühlt,
eine sprachliche Form geben 84
Sprechen, um die Realität zu verbergen 92
Sich unterwerfen, um sich zu befreien 101
Wie die Außenwelt Einfluss
auf die Innenwelt nimmt 110
Die Festlegung auf Sex und Tod 118
Gemeinsam im Delirium 124
Glückselige Entfremdung 131
Die Allmacht des Konformismus 140
Nachahmung und Gemeinschaft 145
Epidemien und Glaubensnebel 153
Bei Massenverbrechen mitmachen 156
Veröffentlichen, was man glauben will 167
Entwicklung braucht Zweifel 175
Schule und moralische Werte 179
Die eigenen Gedanken bestimmen 185
Bindung und Begründungen 194
Emotionale und sprachliche Anomie 202
Sich der Autorität unterwerfen 206
Emotionale Erstarrung 214
Die innere Freiheit 219
Editorische Notiz 221
Anmerkungen 223