Die intensive Rezeption des Phonographen war vorerst unabsehbar, eröffnete aber insbesondere für Wissenschaftszweige, die sich mit oraler Überlieferung beschäftigen, wie die Ethnologie, die Volkskunde, aber auch die Musikhistorie, neue Möglichkeiten. Das neue Medium war rasch integrativer Bestandteil des wissenschaftlichen ethnologischen Diskurses. Probleme der Fixierung nach dem Gehör, sowohl des Gesprochenen als auch des Gesungenen und Gespielten, waren mit einem Mal sekundär geworden, da man jetzt die Primärquelle aus dem Phonographentrichter "empfangen" konnte. Zudem erlaubte das neue Medium einen Vergleich von unterschiedlichen Überlieferungen. Die Vergleichbarkeit implizierte jedoch eine systematische Archivierung der Tondokumente. Dabei spielte das Wiener Phonogrammarchiv eine maßgebliche Rolle. Dieser Band zeichnet die Bedeutung des Phonographen für die deutschsprachige Ethnologie nach und ist zugleich ein Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte einer politisch brisanten Zeit.
(Verlagstext)
/ AUS DEM INHALT: / / /
Vorbemerkung 7
Schreibweise und Siglen 9
ITeil
Annäherungen an das Thema 15
Zur Praxis und Theorie des Phonographen 28
Technikgeschichte 28
Schallspeicherung in prä-phonographischer Zeit 29
Die Vorläufer 29
Das Jahr 1877: Edison 31
Von der Entwicklung der Schrift zur Entwicklung der Schallschrift 35
Assmanns Modell des kulturellen Gedächtnisses 38
Gedächtnis und Religion 47
Das Medium der Schrift 50
Orale Notation 50
Das Medium der Notenschrift 57
Das Medium der Schallschrift 59
Definition: technisch-physikalisch 60
Definition: juristisch 61
Exkurs: Ethnohistorisches (Das Phonogramm als Quelle) 64
Dechiffrierung, Decodierung, Notation 71
Die Darstellung des Fremden in Wissenschaft und Kunst um 1900 75
Ethnologische Theorien 75
Evolutionismus 75
Kulturkreislehre 77
Schmidt, Winthuis und der Phonograph 85
Boas 88
The Good, the Bad, and the Ugly: Das Bild der Fremde(n) und das Phänomen des Exotismus in Literatur, bildender Kunst und Musik 93
Literatur 94
Segalens Exotismusbegriff 95
Musik 104
Wie das Fremde ans Ohr kam 105
Komponisten 112
Exotismus-Ausklang 115
IITeil
Zur Gründung des Wiener Phonogrammarchivs 121
Sigmund Exner und die Physiologie 121
Der Exner-"Clan" 123
Flash Back 125
Exner und Freud: "Bahnung" 128
Die Leiblichkeit des Phonographen 130
Das Jahr 1899
Der Wiener Archivphonograph 142
Das Kopieren 144
Der Phonograph als Reiseapparat: Feldforschung und Archivierung 149
Expeditionen und ethnographische Aufnahmen im Spiegel der ersten Forschungsberichte 151
Das Archiv als Lagerort der fremden Klänge 164
Zukünftiges 167
Die "vergessenen" Pioniere: Rudolf Pöch - Wien und Erich Moritz von Hornbostel - Berlin 171
Biogramm Hornbostel (1877-1935) 172
Biogramm Pöch (1870 - 1921) 175
Wien-Berlin 179
IIITeil
Die Bearbeitung der Rezeption von Rudolf Pöchs Nachlass 187
Die Pöch-Kommission vom Jahr ihrer Einsetzung bis 1938 187 1939-1945 191
Vom Beginn der 2Republik bis zur Auflösung der Kommission 194
Josef Weninger und die Anthropologische Kommission 199
Schlussfolgerungen 203
Die Pöch-Rezeption ab 1970 206
Schlussbemerkung 211
Appendix 213
Bibliographie 229
Archivalien 230
Literatur 231
Abbildungen 262
Personen 263