Sanktionen der EU-XIV gegen Österreich
Sanktionen der EU-XIV gegen Österreich, teils auch EU-Sanktionen gegen Österreich, ist eine in Österreich verbreitete Bezeichnung für die Reaktion der Regierungen der vierzehn anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf die Regierungsbeteiligung der von Jörg Haider geführten Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) in der Anfang Februar 2000 gebildeten Koalitionsregierung von ÖVP und FPÖ unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.
Diese so genannten "Sanktionen" bestanden in einer Reduktion der bilateralen Beziehungen auf Regierungs- und diplomatischer Ebene gegenüber der österreichischen Regierung. Beschlossen wurden diese Maßnahmen von Seiten der übrigen 14 EU-Staaten, denen sich dann auch Tschechien, Kanada, Israel und Norwegen anschlossen. Diese Maßnahmen wurden durch Befürchtungen ausgelöst, dass fremdenfeindliche und rassistische Aussagen führender FPÖ-Proponenten auf die Regierungspolitik abfärben könnten. In Österreich hatten sie den Effekt, dass sich viele mit der erstmaligen Schwarz-Blauen Koalition solidarisierten, die zuvor skeptisch eingestellt waren. Nach Etablierung eines Weisenrates unter Martti Ahtisaari und dessen Bericht wurden die "Sanktionen" im September 2000 zurückgenommen.
Der Begriff "Sanktionen": Die in Österreich verbreitete Bezeichnung dieser Maßnahmen als "EU-Sanktionen gegen Österreich", wie sie die österreichische Bundesregierung damals wie heute bezeichnet, ist in mehrfacher Hinsicht umstritten. Die Benennung der Maßnahmen selbst als "Sanktionen" entspricht keinem der offiziellen Dokumente und Aussagen dazu. Die Regierungen der EU-14 wollten die Maßnahmen explizit als bilateral und auf die Regierungsebene beschränkt verstanden wissen, nicht als Maßnahmen "der EU gegen Österreich".
Der Politologe Anton Pelinka bezeichnet es als "ersten großen Erfolg der Regierung Schüssel", dass sich das Wort "Sanktionen" als Bezeichnung für die Maßnahmen und als Kampfbegriff durchsetzen konnte. Johannes Voggenhuber (Die Grünen) beschrieb es als Schüssels größten Erfolg, dass es ihm gelungen war, die "fragwürdigen ‚Maßnahmen' der EU-Mitgliedsstaaten gegen seine schwarz-blaue Regierung zu ‚Sanktionen der Union gegen Österreich' umzudeuten". Aber auch 1986, noch unter den roten Regierungen Sinowatz/Vranitzky (Sinowatz trat aus Protest zurück), waren die Sanktionen der USA gegen seinen Bundespräsidenten in der österreichischen Öffentlichkeit durchaus als Affront gegen den Staat an sich wahrgenommen worden. FPÖ/ÖVP forderten alle anderen Parteien und alle Bürger auf, sich in einem "nationalen Schulterschluss" hinter die Regierung zu stellen.
Hintergrund: Österreich war 1995 der EU beigetreten, was insbesondere auch von Schüssel, seinerzeit an den Beitrittsverhandlungen beteiligt, als überzeugter Europäer als persönliches Verdienst gesehen wurde. Zentrales politisches Anliegen dieser Zeit war, die in der österreichischen Bevölkerung noch verhandenen Ressentiments und Bedenken zu zerstreuen, und den großen Wert der Mitgliedschaft auch im Alltagsleben spürbar zu machen, und die europäische Integration voranzutreiben und Österreichs Position zu konsolidieren.
Nach der Nationalratswahl am 3. Oktober 1999 einigten sich nach mehrmonatigen Verhandlungen der Vertreter der Parlamentsparteien Anfang 2000 Jörg Haider (FPÖ) und Wolfgang Schüssel (ÖVP) auf die Bildung einer FPÖ/ÖVP-Koalitionsregierung (schwarz-blaue Koalition), die Bundesregierung Schüssel I. Aufgrund des an Rechtsextremismus grenzenden Auftretens und etlicher minderheitenfeindlicher und rassistischer Aussagen führender FPÖ-Proponenten beschlossen daraufhin die Regierungen der übrigen 14 EU-Staaten Maßnahmen gegenüber der österreichischen Regierung, veröffentlicht in einer Erklärung der damaligen portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft:
"Die Regierungen der 14 Mitgliedsstaaten werden keinerlei offizielle bilaterale Kontakte auf politischer Ebene mit einer österreichischen Regierung unter Einbindung der FPÖ betreiben oder akzeptieren; Es wird keine Unterstützung für österreichische Kandidaten geben, die Positionen in internationalen Organisationen anstreben; Österreichische Botschafter werden in den EU-Hauptstädten nur noch auf technischer Ebene empfangen."