In der Literatur zum Nationalsozialismus ist immer wieder behauptet worden, daß die Entwicklung, die zu Hitler geführt habe, den logischen Endpunkt der deutschen Geschichte darstelle. Diese These wird sowohl für die politische als auch für die Geistesgeschichte vertreten. Mit dem vorliegenden Beitrag geht der Autor der These vom deutschen Sonderweg für die Volkswirtschaftslehre nach. Gab es überhaupt so etwas wie eine nationalsozialistische Wirtschaftslehre, in welchen theoriegeschichtlichen Kontext haben wir diese einzuordnen und welchen Einfluss übte sie auf die Entwicklung in den dreißiger Jahren aus? War darüber hinaus die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus dominierende ökonomische Lehre der »logische Höhepunkt« einer länger angelegten Sonderentwicklung in der deutschen Ökonomie? Aus dieser Perspektive sind Themen, Strömungen und Werke ausgewählt worden - es geht dem Autor weniger um die Fortschritte der Disziplin aus heutiger Sicht, sondern um damals wichtige Lehren und ihr Verhältnis zur nationalsozialistischen Herrschaft und Ideologie.
Die FAZ über das Buch:
"Es ist gut, dass der Metropolis-Verlag dieses seit langem vergriffene Buch in einer 3. Auflage wieder an den Markt gebracht hat. Denn Hauke Janssens dickleibige Schrift hat sich als Standardwerk zu diesem Thema etabliert, und dies völlig zu recht. Denn der offenkundig belesene Verfasser kennt sich in jener dunklen Zeit aus. Mit den wichtigen - und manchen weniger wichtigen - Ökonomen und ihren Werken ist er sehr gut vertraut. Überdies schreibt er lesbar.
Das Buch beginnt mit einer Schilderung der deutschen Volkswirtschaftslehre in den zwanziger Jahren, als die theorieferne Historische Schule an Einfluss verlor und junge Wissenschaftler im Einklang mit der internationalen Entwicklung sich stärker theoretischen Arbeiten zuwandten. Hiervon profitierten vor allem die Geldtheorie und, mit ihr verbunden, die Konjunkturforschung. ... Anschließend behandelt Janssen die "Gleichschaltung" der Ökonomik im Jahre 1933 und den nachfolgenden Versuch, eine dem Nationalsozialismus genehme Wirtschaftslehre zu schaffen. Es ist eine Geschichte voll mit braunen Überzeugungstätern und Karrieristen, ein paar Altmeistern, die sich anbiederten, aber zurückgewiesen wurden, vielen Opportunisten, ebenso vielen Schweigsamen und ein paar Aufrechten. Heraus kam eine Lehre, die historisches, romantisches und nationalsozialistisches Denken mit etwas Keyanesianismus und planwirtschaftlichem Denken verband."
/ AUS DEM INHALT: / / /
Vorwort zur dritten Auflage 9
Vorwort zur zweiten Auflage 11
1Zum gegenwärtigen Stand der Diskussion 15
2Die deutsche Volkswirtschaftslehre in den zwanziger Jahren -
Zwischen Historismus und Neoklassik 31
2.1 Entwicklungen 31
2.2 Strömungen 48
2.3 Das nationalsozialistische Wirtschaftsdenken 86
2.4 Der deutsche Sonderweg in der Volkswirtschaftslehre 131
3Die .Gleichschaltung' der Wirtschaftswissenschaft 1933 153
3.1 Die Universitäten 157
3.2 Die Fachzeitschriften 180
3.3 Der Verein für Sozialpolitik 195
3.4 Die Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Gesellschaft und
die Gruppe Wirtschaftswissenschaft in der Akademie für
Deutsches Recht203
4Entstehung und Entwicklung einer neuen Wirtschaftslehre
in Deutschland nach 1933 221
4.1 Sozialpolitik 223
4.1.1 Vom Kathedersozialismus zur Deutschen Arbeitsfront 225
4.1.2 Die Krise der Sozialpolitik 237
4.1.3 Der erneute Methodenstreit 250
4.1.4 Die kurze Renaissance der Sozialpolitik im Nationalsozialismus 262
4.2 Die geld-und konjunkturtheoretischen Wurzeln der neuen
Wirtschaftslehre in Deutschland 286
4.2.1 Geldlehre 297
4.2.1.1 Die Quantitätstheorie 301
4.2.1.2 Der Streit um die Große Inflation 314
4.2.2 Konjunkturforschung 329
4.2.2.1 Methoden und Ziele der Institute für Konjunkturforschung 333
4.2.2.2 Wirtschaftssystem, Wirtschaftsstil und wirtschaftliche
Wechsellagen 343
4.2.2.3 Dynamische Konjunkturtheorie 356
4.2.2.4 Monetäre Konjunkturtheorie 371
4.2.2.5 Konjunkturpolitik: Die Kontroverse um die Krise 1925/6 387
4.2.3 Die Weltwirtschaftskrise und die deutsche Volkswirtschaftslehre 397
4.2.3.1 Ein Versagen der Wirtschaftstheorie? 400
4.2.3.2 Reformer und Aktivisten 415
4.3 Die neue Wirtschaftslehre nach 1933 432
4.3.1 Die neue Wirtschaftstheorie 442
4.3.1.1 Eine Beschäftigungstheorie 443
4.3.1.2 Ein Muitiplikatorprozeß 453
4.3.1.3 Eine monetäre Theorie des Kapitals 459
4.3.1.4 Ersparnis und Investition 467
4.3.1.5 Brechung der Zinsknechtschaft 476
4.3.2 Die neue Volkswirtschaftslehre 481
4.3.2.1 Die neue Ideologie der Volkswirtschaftslehrenach 1933 487
4.3.2.2 Von der Konjunkturtheorie zur ZwangswirtschaftDie Debatte
um die Grenzen der Kreditschöpfung in der Außenhandels-,
Finanz- und Preispolitik 493
4.3.2.3 Das ,System'der Wirtschaftslenkung 518
5Schluß 525
Anhang 529
Abkürzungsverzeichnis 529
Bibliographisches Verzeichnis 531
Literaturverzeichnis 539