Das Praxismanual: Evaluation des Körpererlebens mit der Körperbild-Liste
Das Körpererleben besser zu erfassen ist für die Diagnostik und Behandlung vieler seelischer und körperlicher Störungen enorm wichtig. Dies gilt für die große, sowohl für den Allgemeinmediziner wie für den Psychiater wichtige Gruppe der somatoformen Störungen, darüber hinaus für ein breites Spektrum von medizinischen und psychiatrischen Krankheiten, bei denen eine psychosomatische oder psychotherapeutische Behandlung angezeigt ist.
Zugleich werden der Bezug zum eigenen Körper, die Freude an der eigenen Körperlichkeit, die körperliche Interaktion mit anderen etc. oft nur wenig im klinischen Alltag beachtet. Das hat gute Gründe:
- Das Körpererleben ist für viele Menschen schwer artikulierbar.
- Es ist auch in der Forschung nicht leicht erfassbar, weil es sehr subjektiv und daher schwer objektivierbar ist.
Professor Küchenhoff und Doktor Agarwalla schließen diese Lücke. Mit der „Körperbild-Liste“ (KB-L) stellen sie ein Rating-Verfahren vor, das es dem Diagnostiker und der Therapeutin erlaubt, das Körpererleben des Patienten angemessen zu beschreiben und therapeutisch zu nutzen.
Diagnose möglich: Die systematische Analyse des Körpererlebens im Fremdurteil
Grundlage der Körperbild-Liste ist die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD), mit der Persönlichkeitsstrukturen bzw. Strukturniveaus der Persönlichkeit einschätzbar werden. Aus der Strukturachse des OPD heraus wurde die Körperbild-Liste entwickelt.
Dieses Praxismanual dient der soliden fachlichen Arbeit mit dem Körpererleben von Patienten. Liste und Manual sind im Buch enthalten; zusätzlich steht die Liste kostenfrei zum Download zur Verfügung. Geschrieben für Psychiater, psychosomatisch tätige Therapeuten und Ärzte, Körpertherapeuten, empirische Forscher.Körperbild und Persönlichkeit – Konzept und Analyse für Fachleute
AUS DEM INHALT
I Grundlagen
1 Begriffsklärungen 3
1.1 Sprachverwirrung und Klärungsversuche 4
1.2 Dimensionen des Körpererlebens 6
1.3 Vorschlag zur Terminologie 8
Literatur 9
2 Entwicklung des Körperselbst 11
2.1 Einleitung 12
2.2 Psychosomatische Differenzierung 13
2.2.1 Früheste Formen seelischer Erfahrung am Körper 13
2.2.2 Erste Organisation der Erfahrungen 13
2.2.3 Zum Verhältnis von Leib, Körper und Objekt 13
2.2.4 Desomatisierung und Resomatisierung 14
2.3 Sprachdifferenzierung: Das Verhältnis von präsymbolisch-körperbezogener und
symbolischer Erfahrungsbildung 15
2.3.1 Der semiotische Bereich des Körpers und der symbolische Bereich der Sprache 15
2.3.2 Verbindung zwischen Körpererleben und Sprache 15
2.3.3 Subsymbolische (körpernahe) und symbolische Erfahrungsformen 17
2.3.4 Die Bedeutung der Bezugspersonen für die Repräsentation von Erfahrungen 17
2.4 Differenzierung zwischen Selbst und anderem: Zur Entwicklung des
Körpererlebens aus einer primordialen Intersubjektivität 18
2.4.1 Zwischenleiblichkeit als Vorläufer des Körpererlebens 18
2.4.2 Das Erleben von Grenzen und das Körpererleben 20
2.4.3 Zwischenleiblichkeit im Hier und Jetzt 20
2.5 Zusammenhang von Körperbild, Selbstbild, Objekterfahrung und Repräsentation 21
2.5.1 Schema zur Entwicklung des Körpererlebens 21
2.5.2 Modell Hypochondrie 23
2.5.3 Modell Konversion 25
2.5.4 Modell Selbstverletzung 26
2.5.5 Modell Verwerfung 28
2.6 Zusammenfassung und Ausblick 30
2.7 Anmerkungen 31
Literatur ; 31
3 Methoden der empirischen Erfassung des Körpererlebens 33
3.1 Methoden und Instrumente 34
3.1.1 Einteilung in wahrnehmungs- und persönlichkeitspsychologische Instrumente 34
3.1.2 Beurteilungskriterien zur Methodenauswahl nach Wiedemann 36
3.2 Verbale Verfahren: Fragebögen 38
Vlll Inhaltsverzeichnis
3.2.1 Frankfurter Körperkonzeptskalen (FKKS) 41
3.2.2 Fragebogen zur Beurteilung des eigenen Körpers (FbeK) 42
3.2.3 Fragebogen zum Körperbild (FKB-20) 43
3.2.4 Dresdner Fragebogen zum Körperbild (DKB-35) 43
3.2.5 Fragebogen zu körperlichen Aspekten von Abgrenzung, Scham und Ausdruck (FK-ASA) - 44
3.3 Projektive Verfahren 45
3.3.1 Projektive Verfahren: eine Standortbestimmung 45
3.3.2 Erfassung des Körperbildes/Körpererlebens mittels projektiver Verfahren 47
3.3.3 Projektive Verfahren im Detail 49
3.4 Die Erhebung des Körperbildes mithilfe von Interviews bzw. Narrativen 59
3.4.1 Die Körperbild-Liste (KB-L) 61
3.4.2 Die Erhebung der Struktur des Körperbildes als Chance für das Verständnis der
Persöniichkeitsstruktur 62
3.4.3 Durchführung und Auswertung des körperbezogenen psychodynamischen
Interviews (KPI) 62
Literatur 64
II Die Körperbild-Liste und die Arbeit mit ihr
4 Die Körperbild-Liste (KB-L) 69
4.1 Grundsätzliche Überlegungen 71
4.2 Ratingbogen und Manual 72
4.2.1 Konzeption 72
4.2.2 Aufbau 73
4.3 Hauptdimension: Wahrnehmen und Erleben des eigenen Körpers 74
4.3.1 Kognitive Reflexion der eigenen Körperlichkeit 74
4.3.2 Körperselbst 75
4.3.3 Körperidentität 75
4.3.4 Toleranz für körperbezogene Affekte 76
4.3.5 Steuerung von Triebhaftigkeit und Handlungsfähigkeit 77
4.3.6 Antizipation körperlicher Veränderungen 78
4.3.7 Internalisierung guter Objekte für den Umgang mit dem eigenen Körper 78
4.4 Hauptdimension: Wahrnehmen und Erleben der Bezugspersonen
in ihrer Körperlichkeit 78
4.4.1 Differenzierung von Körperselbst und Objekt 79
4.4.2 Realistische Wahrnehmung des Objekts in seiner Körperlichkeit 79
4.4.3 Affekte und Triebwünsche in Bezug auf den Körper des anderen 80
4.4.4 Körperliche Beziehung zum Objekt schützen 80
4.5 Hauptdimension: Körperliche Kommunikation 80
4.5.1 Mitteilen eigener Affekte über Körpersignale 81
4.5.2 Verstehen fremder Körpersignale 81
4.5.3 Körperliche Unterstützung annehmen und geben können 82
4.5.4 Eigene körperliche Bedürfnisse aufrechterhalten unter Wahrung der körperlichen
Interessen anderer 82
4.5.5 Verbindlichen körperlichen Kontakt aufnehmen können 83
4.6 Hauptdimension: Inanspruchnahme des Körpers zur psychischen Regulation 83
4.6.1 Selbstwertregulation durch den Körper 83
4.6.2 Loslösung unter Verzicht auf destruktive körperliche Prozesse 84
4.7 Interviewleitfaden und Fragebeispiele 84
4.7.1 Leitfaden für die Durchführung des Interviews 85
4.8 Gütekriterien 89
4.8.1 Gütekriterien psychologischer Erhebungsinstrumente 89
4.8.2 Objektivität im Rahmen qualitativer Untersuchungsmethoden 90
4.8.3 Reliabilität 91
4.8.4 Validität 92
4.8.5 Vorgehen beim Überprüfen der Interrater-Reliabilität 93
4.8.6 Schulung der Raterinnen 93
4.8.7 Stichprobe 94
4.8.8 Statistische Überprüfung der Interrater-Reliabilität 94
4.8.9 Ergebnisse der Reliabilitätsstudie 95
4.9 Diskussion der Ergebnisse 95
4.9.1 Vorteile der KB-L 98
4.9.2 Verbesserungsmöglichkeiten 98
Literatur 101
5 Klinische Anwendung der Körperbild-Liste (KB-L): Kasuistisches Beispiel . . . . 127
5.1 Zuweisungsgrund für die Behandlung, Krankheitsvorgeschichte und Anamnese 128
5.2 Befunde in der OPD-2 129
5.3 Verlauf der Behandlung 131
5.4 Befunde in der KB-L 131
5.4.1 Befunde zur 1. Hauptdimension: Wahrnehmen und Erleben
des eigenen Körpers 133
5.4.2 Befunde zur 2. Hauptdimension: Wahrnehmen und Erleben der Bezugspersonen
in ihrer Körperlichkeit 136
5.4.3 Befunde zur 3. Hauptdimension: Körperliche Kommunikation 137
5.4.4 Befunde zur 4. Hauptdimension: Inanspruchnahme des Körpers
zur psychischen Regulation 137
5.5 Weiterer Behandlungsverlauf und Katamnese 138
5.6 Abschließende Bemerkungen 139
Literatur 140
6 "Sie fragen mich Sachen!" - Zum therapeutischen Nutzen des
körperbezogenen psychodynamischen Interviews (KPI):
eine Patientensicht 141
6.1 Einleitung 142
6.1.1 Anlass 142
6.1.2 Ausgangslage - zwei unterschiedliche Perspektiven 142
6.1.3 Vorgehen 143
6.2 Welche Einblicke in die subjektive Erlebenswelt des Patienten erschließt das
explizite Ansprechen von Körperaspekten? 143
6.2.1 Körper als Subjekt und Objekt 143
6.2.2 Funktionalisierung des Körpers zur intrapsychischen Regulation 144
6.2.3 Körper und Beziehung 145
6.2.4 Dynamik des Körpererlebens-zwischen Wiederholung und Entwicklung 146
6.2.5 Körper als Mittel der Kommunikation 147
6.3 Wie wird die Art des Fragens und Befragtwerdens von der Patientin erlebt? 148
6.3.1 Zwischen Option und Anforderung 148
6.3.2 Unterschied zu normativen Verfahren 149
6.3.3 Anforderung an die Person des Interviewers 150
6.4 Welche Prozesse werden durch die explizite Perspektive auf den Bezug zum
eigenen Körper beim Befragten angestoßen? 151
6.5 Abbilden des therapeutischen Prozesses 151
Literatur 152
Stichwortverzeichnis 153
REZENSION
"Das Buch schildert im Grundlagenteil u.a. die Entwicklung des Körperselbst (mit z.B. der wichtigen Unterscheidung zwischen dem semiotischen, also noch sehr atmosphärischen, und dem symbolischen Körpererleben oder mit der interessanten Ausführung über den Zusammenhang von Körperbild, Selbstbild, Objekterfahrung und Repräsentation bei Hypochondrie, Konversion, Selbstverletzung etc.) und setzt fort mit einer Beschreibung der Methoden der empirischen Erfassung des Körpererlebens (beeindruckend z.B. die Verwendung von projektiven Verfahren wie dem Rorschach-Test, oder dem Körperskulpturtest). Der zweite Teil befasst sich mit der eingehenden Darstellung der Körperbild-Liste, die aus dem Strukturbegriff der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik entwickelt wurde und das Körperbild in vier Hauptdimensionen beschreibt: Wahrnehmen und Erleben des eigenen Körpers, Wahrnehmen und Erleben der Bezugspersonen in ihrer Körperlichkeit, die körperliche Kommunikation und die Inanspruchnahme des Körpers zur psychischen Regulation ( z.B. die Selbstwertregulation durch den Körper in Form von positiver Wechselwirkung zwischen Körperumgang und Selbstwertgefühl am einen Pol, die Selbstmanipulation durch operative Eingriffe oder die körperliche Verwahrlosung am anderen Pol). Diese Dimensionen werden sowohl inhaltlich detailliert ausgeführt, als auch entsprechend den Gütekriterien (Reliabilität, Validität etc.) analysiert. Im folgenden Kapitel wird die klinische Anwendung der Körperbild-Liste anhand eines kasuistischen Beispiels demonstriert, gefolgt von einem Einblick in das Erleben des körperbezogenen psychodynamischen Interviews aus der Patientenperspektive.
Das Buch gehört tatsächlich zur Standardausrüstung von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, es bietet eine zusätzliche Betrachtungsmöglichkeit der im jeweiligen Fall vorliegenden Pathologie und ihrer Abbildung auf das Körpererleben (wobei es immer vier Abstufungen gibt: Gut, Mäßig, Gering, Desintegriert entsprechend den Reifestufen der Strukturbeurteilung). Es liefert auch entwicklungsdiagnostisch wertvolle Hinweise (etwa: wird der Körper als belebt und vital empfunden oder als eingefroren erlebt und werden Teile des Körpers als nicht zugehörig empfunden?), sodass es durchaus mit Gewinn auch Psychologen, Pädagogen zur Hand nehmen werden, weil es leicht einsehbar ist, dass in jeder Fallarbeit etwa das Körperselbst und die Körperidentität (zwei der Subkategorien der Hauptdimensionen) eine wichtige Rolle spielen. Es empfiehlt sich, das Buch in Griffweite zu halten!" Mag. DDr.Franz Sedlak