Die humanitäre Hilfe für österreichische Kinder aus vielen Teilen der Welt ist als Reaktion auf die Erfahrung des Ersten Weltkriegs zu verstehen sozial, politisch, gesellschaftlich. Noch heute ist diese Hilfe in das städtische Gewebe Wiens eingeschrieben: die Namen von Schwedenplatz oder Argentinierstraße gehen auf diese Hilfsaktionen zurück.
Im Jahr 1918 litten 91 % der Wiener Kinder im Schulalter an Unterernährung. Eingebettet in zuvor unerschlossenes Archivmaterial, Erlebnisberichte und zahlreiche Interviews gelingt Isabella Matauschek im Vergleich von Dänemark und den Niederlanden eine anschauliche Geschichte einer der ersten global verstandenen humanitären Hilfsaktionen. Das Gastland blieb dabei für viele der verschickten Wienerkinder die nostalgisch verklärte zweite Heimat.
Isabella Matauschek (1970 - 2016) erwarb ihren PhD am EUI in Florenz, arbeitete danach am KWI in Essen (DE) und war zuletzt als Assistant Professor am Institut für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte der Universität Linz beschäftigt. Sie absolvierte prestigeträchtige Fellowships, u.a. an der Universität Cambridge (UK).
Inhalt
Vorbemerkungen................................................................................................ 9
Lokales Leid - globale Herausforderung.......................................................... 15
1. Verschickung als Erfahrung und Erinnerung: methodische und theoretische Überlegungen................. 19
Quellen und Archive................................................................................... 23
Geschichte der Kindheit...................................................................................26
Die soziale Konstitution des Gedächtnisses.............................................. 34
Verschickung als Erfahrung ...................................................................... 38
Vergleich und vergleichendes Vorgehen.................................................... 51
Das narrative Interview ............................................................................ 54
Die Auswertung: Einzelfallanalyse und kontrastierender Fallvergleich . 58
2. Zwischen Krisenerfahrung und Krisenwahrnehmung: der dänische und niederländische humanitäre Einsatz für österreichische Kinder......... 64
Ausgangspunkt: der Hunger und die Not der Kinder in Wien nach
Ende des Krieges...... 65
Internationale humanitäre Maßnahmen als Antwort auf den Weltkrieg . 68
Der Erste Weltkrieg als Krisenerfahrung in den Niederlanden und Dänemark ........ 71
Die dänische Kinderhilfsaktion................................................................... 78
Der Beginn der dänischen Hilfsaktion für Wien........................................ 80
Transformation der dänischen Hilfsaktion in ein nationales Projekt . . . 94
Die Professionalisierung der Hilfsaktion.................................................... 97
Staatliche versus private Hilfslogik............................................................. 101
Der dänische Klub in Wien ...................................................................... 114
Von der Auflösung des Zentralkomitees bis zur Einstellung der Aktion . . 117
Die soziale Herkunft der Pflegeeltern und der Kinder ............................ 121
Die niederländischen Hilfsaktionen - ein versäultes Phänomen ............ 127
Die protestantische Hilfsaktion ................................................................ 131
Die Jüdische H ilfsaktion............................................................................ 137
Die katholische Hilfsaktion - Die Glorienkrone römischer Caritas schickt
ihre Strahlen aus ....... 146
Die sozialdemokratische Hilfsaktion - hoch die
Internationale Solidarität....................... 154
Die liberale Hilfsaktion................................................................................ 158
Die niederländischen Hilfsaktionen - Konkurrenz und Abgrenzung . . . 163
Vergleich: die dänische und die niederländische Hilfsaktion ................... 166
Das Bild der österreichischen Kinder in Dänemark und den Niederlanden......... 168
Wienerbarnet (Das Wienerkind) 1924....................................................... 173
Det gaelder os alle (Es geht uns alle an) 1949 ........................................... 174
Wienerbarnet (Das Wienerkind) 1941....................................................... 178
Wienerbarnet Hansi (1922)....................................................................... 181
3. Verschickungserfahrung zwischen prägender Erfahrung und Indifferenz . 187
Raimund Blaschka: Wien - Dänemark - Wien. Von der
Wechselbarkeit nationaler Identität.... 187
Der Erste Weltkrieg als biographischer Bruch ........................................... 188
Die Verschickung als zweite Geburt. Identität zwischen
Selbst- und Fremdzuschreibung......... 192
Exil-Däne. Vom Aushandeln nationaler Identität..................................... 207
Hilde Spiel: Die Verschickung nach Dänemark als
Präfiguration der Exilerfahrung............. 212
Exilantin und Literatin................................................................................ 215
Die Verschickung nach Dänemark.............................................................. 216
Vertreibung aus dem Paradies.................................................................... 220
Paul Gärtner: Die Verschickung als Weichenstellung ............................... 221
Die verkehrte Welt der Nachkriegszeit: das Kriegsende als
Zusammenbruch................... 222
Die Verschickung in die Niederlande als Befreiung.................................. 225
Die Verschickung als Grundlage zukünftiger Orientierung...................... 227
Wilhelmine Rinder: Von der Wärme und der Kälte der katholischen Säule 232
Heimat und Heimatlosigkeit: die Erzählperspektive ............................... 233
Die Wärme der katholischen Säule .......................................................... 237
Von der Kälte der katholischen Säule ....................................................... 245
Wiederanknüpfen an niederländische Wurzeln - Zugehörigkeit
über die Zweite Generation........... 250
Die Verschickungserfahrung zwischen prägender
Erfahrung und Indifferenz................... 255
Das Gastland zwischen paradiesischer Gegenwelt und neuer Heimat . . 270
Geschlecht und geschlechtsspezifisches Erzählen über die Verschickung . 277
Quellen- und Literaturverzeichnis...................................................................... 283
Archivalische Quellen ................................................................................... 283
Interviews........................................................................................................ 286
Filme .............................................................................................................. 287
Gedruckte und elektronische Quellen.......................................................... 287
Zeitungen und Zeitschriften......................................................................... 290
Literatur........................................................................................................... 291
Children Abroad. International humanitarian relief during and alter the Great War ... 309
Isabella Matauschek (1970- 2016) - Publikationsliste ................................ 319