Viele Kinder leben mit Wahrnehmungsbesonderheiten. Das stellt sie Tag für Tag vor besondere Herausforderungen. Im kreativen, indes nicht immer sozial verträglichen Umgang damit entwickelt jedes betroffene Kind seine ganz persönlichen Strategien. Dass Erkenntnisse aus diesen Prozessen und Dynamiken auch zur Inspiration professionell pädagogischer und auch elterlicher Herangehensweisen taugen, erfuhr Andreas Heimer als Referent, Berater und Trainer für Inklusion. Seine Ermutigung, für schwierige Verhaltensweisen neue Blickwinkel einnehmen zu dürfen, wird von PädagogInnen, TherapeutInnen und Eltern als hilfreich und entlastend erlebt. Das Basissinn-Konzept lädt Sie ein, innovative, teils auch spektakuläre Blickwinkel für verwirrende, teils besorgniserregende oder gar als provokant empfundene Verhaltensweisen wahrnehmungsbesonderer Kinder einzunehmen. Drei Jahrzehnte praktischer physiotherapeutischer Tätigkeit und eine ebenso lange Referenten- und Beratertätigkeit sind die fundierte Basis für praxis- und lebensnahes Wissen. Dieses Buch präsentiert das Basissinn-Konzept in Form eines Ratgebers und Nachschlagwerkes. Es werden darin Fragen erörtert, die sich mit der Nutzbarmachung von Wahrnehmung und Verhalten beschäftigen: • Können schwierige Verhaltensweisen zu Strategien umgedeutet werden, die dem Kind helfen mit schwierigen Wahrnehmungsvoraussetzungen zurecht zu kommen? • Dürfen wir selbst die nervendsten und rätselhaftesten unter seinen Aktivitäten als sinnvolle Handlungen wertschätzen? • Eignen sich diese in der Regel hart erarbeiteten, kindlichen Strategien als naheliegende Anknüpfungspunkte für innovative Dialog- und Erlebensmöglichkeiten mit dem Kind? • Können therapeutische und pädagogische Begegnungen dadurch leichter, hilfreicher, freudvoller, mithin inklusiver werden? • Profitieren Eltern im Sinne einer entspannteren und intensiveren Beziehung zu ihrem Kind? • Kann kindliche Entwicklung auf diese Weise womöglich sogar nachhaltiger angestoßen werden? Um zu positiven Beantwortungen dieser Fragen zu gelangen, stellt das Basisinn-Konzept 111 alltagsbezogene Beobachtungen in erhellende Zusammenhänge zu unseren drei Basissinnen. Hierin liegt beträchtliches Potenzial für Verständnis und Erkenntnis, für Handlungsideen und Umgangsmöglichkeiten bezüglich schwieriger Verhaltensweisen. Wer denkt angesichts rätselhafter und störender Verhaltensweisen schon spontan an mögliche Probleme der Reizverarbeitung im Gleichgewichtssystem, in der Tiefensensibilität oder im taktilen System? Tatsächlich wird unser Basissinne-Trio in seiner Bedeutung für unsere ganz persönliche Entwicklung, für unser Wohlbefinden und unser Verhalten wie auch für unsere Vorlieben noch immer unterschätzt! Dieses Buch ist Einladung und Gelegenheit sich dieses so häufig ungenutzte Potenzial ausgiebig zu erschließen. Gelangen Sie in Handlungsfähigkeit, indem Sie ungewohnte Blickwinkel einnehmen. Ein umfänglicher Beobachtungsbogen dient als Ausgangspunkt für Einordnungen hinsichtlich Reizsuche und Reizvermeidung jedes einzelnen Basissinnes. Eine im wahrsten Sinne basalere Herangehensweise gibt es nicht. Folgende Fragen spielen während der Lektüre zentrale Rollen: • Warum zeigt das Kind dieses oder jenes Verhalten so ausgiebig? • Sucht oder vermeidet das Kind mit seinem Tun beziehungsweise Nicht-Tun ganz bestimmte Reize? • Was hat dieses Verhalten mit seinen Basissinnen zu tun? • Wie fühlen sich Betroffene? • An welcher Stelle kann mir eine kurze Selbsterfahrung das Hineinversetzen erleichtern? Unterdessen werden LeserInnen zu ganz eigener, zu ihnen passender Expertise gelangen. Blick-Einladungen weisen den Weg durch diesen Ratgeber: • Ein Einblick in das Thema Wahrnehmungsbesonderheit • Ein Röntgenblick, der wichtige Begriffe bezüglich Wahrnehmung erläutert • Der Blickfang zur Nutzung des Beobachtungsbogens • Der Alltagsblick mit seinen 111 Beobachtungen schwieriger Verhaltensweisen • Neue Blickwinkel für jede einzelne dieser 111 Beobachtungen mit besonderem Fokus auf Handlungsideen und Umgangsmöglichkeiten • Der Auswertungsblick für eine Komplett-Auswertung • Ein Seitblick auf Akustik und Optik • Ein Praxisblick mit Kind-Vorstellungen • Der Ideenblick als Ideenpool für das wahrnehmungsbesondere Kind • Ein ermutigender Ausblick • Respektblicke (= kurze Selbsterfahrungen), Einfühlblicke (= Zitate Betroffener) und regelmäßige Blicke über die Schulter (Was könnte es außer Wahrnehmung noch sein?) runden dieses Blicke-Festival ab. Eine unbedingte Praxisnähe zu Pädagogik, Therapie und Elternsein ist dabei durchgängig gewährleistet. - Inklusion kann gelingen - Inklusion darf leicht sein - Inklusion darf Spaß machen Mit diesem Nachschlagwerk erwartet Sie ein Füllhorn an Ideen für gelebte Inklusion.
Inhalt
1. Vorausblick ......................................................................................7
Ein Wort zuvor ............................................................................................ 7
2. Einblick ...................................................................................................... 11
Worum es geht ............................................................................................. 11
3. Röntgenblick ..................................................................................................17
3.1 Unsere Sinne ............................................................................................. 17
3.1.1 Die Basissinne ........................................................................................... 18
3.1.1.1 Die Tiefensensibilität .............................................................................. 19
3.1.1.2 Das Vestibuläre System .......................................................................... 22
3.1.1.3 Das Tuktile System .................................................................................. 24
3.2 Gehirn und Wahrnehmung - Der Prozess der Sensorischen
Integration ............................................................................................................... 25
3.3 Sensorische Integrationsstörung, Wahrnehmungsbesonderheiten
und Sensorische Integrationstherapie ............................................................... 30
3.3.1 Bezug Sensorischer Integration zu etablierten Klassifikationen
kindlicher Störungen ............................................................................................. 33
3.3.1.1 Bezug zur ICF-CY ........................................................................................ 33
3.3.1.2 Bezug zu ZeroToThree (DC: 0-5) ............................................................. 34
3.3.2 Reizsuche und Reizvermeidung ............................................................... 36
3.4 Wo gibt es Schnittmengen zwischen dem Basissinn-Konzept
und bewährten pädagogischen Konzepten? .................................................. 39
3.4.1 Montessori-Pädagogik .............................................................................. 40
3.4.2 Reggio-Pädagogik ..................................................................................... 41
3.4.3 Der Situationsansatz ................................................................................ 42
3.5 Zwei weitere pädagogische Herangehensweisen und eine
therapeutische Haltung, die das Basissinn-Konzept inspiriert haben .. 42
3.5.1 Das Fit-Konzept nach Remo Largo ....................................................... 42
3.5.2 Basale Förderung ...................................................................................... 43
3.5.3 Der Hands-Off-Ansatz .............................................................................. 43
3.6 Selbstbestimmtheit, Teilhabe- und Selbstwirksamkeitserfahrungen ... 44
3.7 Der Innere Antrieb .................................................................................... 46
3.8 Die Stärkende Nische ............................................................................... 46
3.9 Sattwerden ............................................................................................... 49
3.10 Eignet sich das Basissinn-Konzept auch zur Einordnung
von Wahrnehmungsbesonderheiten, die mit Entwicklungsstörung
und Behinderungverknüpftsind? .................................................................. 50
3.11 Inklusion ................................................................................................... 51
3.12 Wie viel Sonderrolle darf's denn sein? ................................................ 51
Das Basissinn-Konzept in der Praxis........................................................... 53
4. Blickfang .................................................................................................... 55
Eine Handreichungzur Nutzungdes Beobachtungsbogens
und zur Reflexion der Auswertung .......................................................... 55
5. Alltagsblick ...................................................................................................61
Der Beobachtungsbogen mitin Beobachtungen bezüglich Reizsuche und
Reizvermeidung der Basissinne ............................................................... 61
6. Neue Blickwinkel .......................................................................................73
Einordnung, Zusammenhang, Handlungsideen & Umgangs-
möglichkeiten für 111 Beobachtungen ..................................................... 73
7. Auswertungsblick ..................................................................................247
Die Auswertungsschablonen ................................................................. 247
8. Seitblick ................................................................................................... 275
Ein Ausflug in die Akustik und in die Optik ........................................... 275
8.1 Ein Ausflug in die Akustik ....................................................................... 276
8.2 Ein Ausflug in die Optik ........................................................................... 281
9. Praxisblick ......................................................................................................287
9.1 Marie, eine Reizsucherin ......................................................................... 287
9.2 Alexander, ein Reizvermeider ................................................................. 296
10. Ideenblick 305
Ein Ideenpool für das wahrnehmungsbesondere Kind ........................ 305
10.1 Konkrete Blicke ........................................................................................ 305
10.2 Haltungsblicke .......................................................................................... 321
10.3 Ein Blick auf die erstaunlichen Kompensationspotenziale
unsererSinne ..................................................................................................... 330
11. Ausblick .................................................................................................... 335
Eine Ermutigung ........................................................................................... 335
Literatur ................................................................................................................. 337
Stichwortverzeichnis ............................................................................................ 341