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Nun hat auch England seinen Historikerstreit: Hat Churchill das Empire gerettet oder verspielt? Ein junger britischer Historiker stellt kritische Fragen, die das offizielle Churchill-Bild des Landes auf den Kopf stellen. SPIEGEL-Herausgeber Rudolf Augstein bescheinigt John Charmley: "Er beherrscht seinen komplizierten Stoff."

Als Winston Churchill am 10. Mai 1940 das Amt des britischen Premiers antrat, stand das Empire mit dem Rücken zur Wand. Hitlers Siegeszug in Europa schien unaufhaltsam. Daß England dennoch der Nazi-Diktatur die Stirn bot, gilt vor allem als Verdienst Churchills, weshalb er in England bis heute in größter Achtung steht, ja glorifiziert wird.

Der britische Nachwuchs-Historiker John Charmley (Jahrgang 1955) unternimmt mit seiner voluminösen, provozierenden Biographie den längst überfälligen Versuch, das überlebensgroße Denkmal Churchills vom Sockel zu stürzen. Dieser habe das britische Empire nicht gerettet, sondern im gegeteil ihm den Todesstoß versetzt. Hätte er mit Hitler Frieden geschlossen, was dieser gewünscht habe, so hätte er das britische Militärpotential in Fernost einsetzen und das Kolonialreich retten können. Auch habe er in seiner "Hitler-Besessenheit" Stalin leichtfertig Ost- und Zentraleuropa überlassen.