"Das französische Volk", so heißt es in der französischen Revolutionsverfassung von 1793, "gewährt Ausländern Asyl, die für die Sache der Freiheit aus ihrem Vaterland verbannt wurden. Es weist Tyrannen ab." Der Autor zeichnet die 22jährige Geschichte des modernen weltlichen Asylrechts nach, in der nationales Interesse und individuelle Rechte zunehmend in Konflikt miteinander gerieten. Noch im 19. Jahrhundert wurde der Masse europäischer Flüchtlinge, trotz der Kodifizierung des Asylrechts in der französischen Verfassung, nach den traditionellen Regeln der Wohlfahrt Schutz gewährt. Einen Nachweis seiner Identität oder Gründe für sein Asyl mußte der Flüchtling nicht erbringen. Heute scheitern die meisten Flüchtlinge am zunehmenden europäischen Nationalismus, der sich hinter den Werten der Demokratie verbirgt. Um sich vor Eindringlingen zu schützen, mobilisiert der moderne Nationalstaat keine Soldaten oder Panzer, sondern die scheinbar friedlichen Technologien der Persönlichkeitsfeststellung.
INHALT
VORWORT VON WALTER K O I S S E R 7
VORBEMERKUNG ZUR DEUTSCHEN A U S G A B E 11
O h n e Recht und Gesetz
1. Die unmögliche Definition 14
Siebzehnhundertdreiundneunzig 14
Das Recht auf Asyl in der "Öffentlichkeit" 18
2. Überwachen und Helfen " . 2 8
Eine Grundform der Herrschaft: Kontrolle durch Hilfeleistung 29
Die Augen offenhalten 33
3. Staat und bürgerliche Gesellschaft 41
Die bürokratische Ohnmacht - 41
Das unauffindbar "Nationale" 47
Die gesellschaftliche Konstruktion
nationaler Identitäten
1. Die Nationalisierung der europäischen Gesellschaften 66
Französische Identität 66
"Das Recht der Völker auf Selbstbestimmung"? 75
2. D a s Asylrecht in der Z a n g e der Nationalismen 83
Fritjhof Nansen, Hoher Flüchtlingskommissar 83
Nationale Egoismen am Werk 89
3. Entstehungsgeschichte einer K o n v e n t i o n :
Genf, 2 8 . Juli 1951 101
Die Flüchtlinge der Nachkriegszeit 101
Was ist ein "Deutscher"? 103
"Oder anderswo" 123
"Die Papiere!"
1. D i e identifikatorische Revolution 140
Das vom Körper losgelöste Zeichen 140
Die nationale Identifikation 150
2. D e r u n v e r m e i d l i c h e A u s w e i s 166
Registrierung von Flüchtlingen 166
Formfragen 171
3. B e w e i s v e r w a l t u n g 178
Das Anfertigen eines "offiziellen Papiers" 178
Marginalisierung konkurrierender Machtbereiche 196
Die begrenzte Welt der Beamten 207
Das Weltflüchtlingsjahr (1960) 217
4. Weltweite Wechselbeziehungen 221
Ein neues Zeitalter in der Geschichte des Asylrechts 221
Die Bildschirmgesellschaft . 228
Verfolgung u n d d i e Kunst des Schreibens
1. Institutionalisierte Sprache 236
Die Atomisierung kollektiver Ausdrucksformen . 236
Die Beschaffenheit der Briefsammlung 242
Offizialisierung der Korrespondenz 245
2. D i e Kurist, Geschichten zu erzählen 256
Fluchtmotive 257
Bittschriften 262
Einsprüche 279.
Beweismaterial 284
Auf dem Weg zu einem europäischen Nationalismus?
1. Was ist eine Nation? 293
2. Verinnerlichung von Macht 299
3. Krise des Asylrechts, Zukunft Europas 309
KONSULTIERTE ARCHIVE 312
Verfasser*innenangabe:
Gérard Noiriel. Aus dem Franz. von Jutta Lossos und Rolf Johannes
Jahr:
1994
Verlag:
Lüneburg, zu Klampen
Aufsätze:
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Systematik:
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ISBN:
3-924245-30-4
Beschreibung:
1. Aufl., 313 S.
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Originaltitel:
La tyrannie du national <dt.>
Mediengruppe:
Buch