Mit der "Kritik der Urteilskraft" (1790) bringt Kant seine kritischen Untersuchungen zu den Möglichkeiten und Grenzen der reinen Erkenntnisvermögen a priori zum Abschluß.
Der Schrift liegt die Einsicht zugrunde, daß auch die reflektierende Urteilskraft auf einem Prinzip a priori beruht, nämlich dem der Zweckmäßigkeit. Im ersten Hauptteil widmet sich Kant der ästhetischen Beurteilung der Zweckmäßigkeit der Formen der Natur für unsere Erkenntnisvermögen. Im zweiten Hauptteil erörtert er die Frage, inwieweit wir der Natur selbst eine objektive Zweckmäßigkeit ihrer Formen zuschreiben können. Im Zentrum stehen dabei die Begriffe des Naturzwecks und der sich selbst organisierenden Wesen. Auf eine teleologische Beurteilung der Natur kann dort nicht verzichtet werden, wo wir die Form des Gegenstandes durch den Naturmechanismus nicht erklären können. Die Edition dokumentiert den Wortlaut der zweiten Originalausgabe von 1793. Sie verzeichnet alle relevanten Lesarten der ersten und dritten Ausgabe sowie die wichtigsten Konjekturen früherer Herausgeber. Die Einleitung des Herausgebers führt in die Themenstellung der Schrift ein und diskutiert einige in der Literatur kontrovers erörterte Lehrstücke. Die ausführlichen Sachanmerkungen weisen Zitate und verdeckte Anspielungen nach. Dieser 3. Auflage ist als Beilage der Text der von Kant verworfenen ersten Einleitung in die KdU beigegeben, die in der Forschung als ein wichtiges Dokument gilt für die Erschließung des nachgelassenen Opus postumum. --- Die Kritik der Urteilskraft (KdU) ist Immanuel Kants drittes Hauptwerk nach der Kritik der reinen Vernunft und der Kritik der praktischen Vernunft, erschienen 1790. Sie enthält in einem ersten Teil Kants Ästhetik (Lehre vom ästhetischen Urteil) und im zweiten Teil die Teleologie (Lehre von der Auslegung der Natur mittels Zweckkategorien). Kants Absicht - in den Einleitungen zur KdU umfangreich dargelegt - bestand darin, in dieser dritten Kritik die Vermittlung zwischen Natur (Gegenstand der theoretischen Vernunft) und Freiheit (Gegenstand der praktischen Vernunft) zu leisten und so das Gebäude der kritischen Philosophie zu vollenden. Im ersten Teil analysiert Kant zunächst die Besonderheit von Geschmacksurteilen. Sie sind a) ästhetisch, nicht logisch, b) interesselos, c) arbeiten ohne Begriffe und Zweckvorstellungen und beanspruchen eine besondere Form der Allgemeingültigkeit. In seiner kritischen Begründung der Ästhetik untersucht Kant den Geltungsanspruch ästhetischer Urteile. Wer zu ästhetischen Urteilen über das Schöne fähig sei, beweise Geschmack. Geschmacksurteile sind subjektiv und empirisch auf einen Einzelfall, eine Landschaft, ein Kunstwerk bezogen: „Das Geschmacksurteil ist also kein Erkenntnisurteil, mithin nicht logisch, sondern ästhetisch, worunter man dasjenige versteht, dessen Bestimmungsgrund nicht anders als subjektiv sein kann.“ Obwohl Geschmacksurteile nicht beweisbar sind, beanspruchen sie, allgemein zustimmungsfähig zu sein, richten sich also auf eine Allgemeingültigkeit und sind entsprechend formuliert („Das Bild ist schön“, nicht: „Das Bild ist für mich schön“). Sie beanspruchen Allgemeingültigkeit, insofern sie „das Wohlgefallen an einem Gegenstande jedermann ansinne(n)...“ Im Gegensatz zu wissenschaftlichen und moralischen Aussagen haben ästhetische Urteile für Kant keine objektive, sondern eine subjektive Allgemeinheit. Wie in den vorhergehenden kritischen Werken nimmt Kant hier eine Mittelstellung zwischen rationalistischen und sensualistischen Positionen ein. Von der Ästhetik Alexander Gottlieb Baumgartens, der in Geschmacksurteilen eine niedere Form des Erkennens sah, grenzt er sich ebenso ab wie von Edmund Burke, der diese auf ein bloßes Gefühl zurückführte. Kant unterscheidet im analytischen Teil der KdU, welcher sich der Ästhetik widmet, zwischen dem Schönen und dem Erhabenen. Beide gliedern sich wiederum in freie Schönheit und anhängende Schönheit beziehungsweise das mathematisch Erhabene und das dynamisch Erhabene. Mit seiner Lehre des Genies ergänzt Kant seine Lehre vom ästhetischen Urteil um eine Theorie der "schönen Kunst". Er folgt in seiner Theorie der Kunstpraxis nicht mehr dem alten Nachahmungsprinzip (Mimesis), wie es z. B. noch von Baumgarten vertreten wurde, sondern legt den schöpferischen Prozess ins Subjekt. Allerdings heißt dies noch nicht, dass von nun ab der Mensch gleichsam aus sich heraus die Gegenstände der Kunst hervorbringe. Vielmehr ist das Genie mit einer Naturbegabung versehen, welche ihm eine große Einbildungskraft und Originalität verleiht. Das Genie ist kein gesellschaftliches Wesen, sondern vielmehr ein Naturwesen, welches in der Gesellschaft lebt. So gibt Kants Ansicht nach die Natur vermittels des Genies der Kunst ihre Regeln. (Schneider, S. 51)[5] Das Moment des Genialen ist für Kant zwar eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Möglichkeit schöner Kunst. Der Künstler ist nicht bloßes Organ der Natur, sein Tun ist "Hervorbringung durch Freiheit" und schließt eine 'künstliche' Komponente ein. Diese kommt dadurch zu ihrem Recht, dass Kant als zweite produktionsästhetische Komponente den Geschmack einführt, der die Vermittlung von Einbildungskraft und Verstand leiste. Kants Analyse des Ästhetischen erregt bis heute großes Interesse und ist vielfach auch für das Verstehen moderner Kunst fruchtbar gemacht worden. Zu ihr gehören die Aspekte das Schöne als „interesseloses Wohlgefallen“ ohne begriffliche Aneignung des Gegenstandes aufzufassen, der paradoxe Status des Geschmacksurteils als subjektiv und verallgemeinerbar, die ästhetische Erfahrung als freies Spiel der Erkenntnisvermögen Sinnlichkeit und Verstand, die Analyse des Erhabenen.
Verfasser*innenangabe:
Immanuel Kant. Mit Einl. und Bibliogr. hrsg. von Heiner F. Klemme. Mit Sachanm. von Piero Giordanetti
Jahr:
2009
Verlag:
Hamburg, Meiner
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Systematik:
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PH.T
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ISBN:
978-3-7873-1948-0
2. ISBN:
3-7873-1948-4
Beschreibung:
CI, 633 S.
Fußnote:
Früher mit der Nummer 9783787317752
Mediengruppe:
Buch