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Strukturen kollektiver Gewalt im 20. Jahrhundert

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Verfasser*innenangabe: hrsg. von Mihran Dabag und Kristin Platt
Jahr: 1998
Verlag: Opladen, Leske + Budrich
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Titel und Untertitel des Bandes markieren zwei verschiedene Ansprüche, die auf Anhieb nur schwer vereinbar erscheinen. Auf der einen Seite nämlich geht es um die - namentlich von Bauman - aufgeworfene Frage, ob der Genozid als Signatur des 20. Jahrhunderts gelten müsse. Die diesen Reflexionen zugrundeliegende Verknüpfung von Barbarei und Modernität wird zumeist auf der Basis einer sehr tief ansetzenden Kritik neuzeitlicher (instrumenteller) Rationalität vorgenommen. Allerdings erfüllen Überlegungen dieses Typs - das belegen die Beiträge von Bauman, Liebsch und Schäfer in unterschiedlicher Weise - primär die Funktion einer zeitdiagnostischen Selbstverständigung und lassen sich nur schwer in die objektivierende Perspektive sozialwissenschaftlicher Analyse übersetzen. Auf der anderen Seite jedoch sollen mit dem Band auch Versuche einer "interdisziplinären, komparativ orientierten Genozidforschung" (36) vorgelegt werden, die Genozid als "eigenständiges soziales Phänomen" konzeptualisieren (17). In diesen Komplex gehören teils Erläuterungen des Forschungsansatzes (Chalk / Jonassohn; Smith; Horowitz), teils Einzelanalysen wie die zur Judenvernichtung (Benz; Mommsen), zum Völkermord an den Armeniern (Dabag; Partsch), zum Kolonialismus (Gründer) und zum stalinistischen GULag-System (Armanski). Mit Blick auf das breite thematische Spektrum der Beiträge erhält die spannungsreiche Kombination von Titel und Untertitel ihre spezifische Bedeutung: auch eine Fülle von Detailstudien über die Völkermorde der Gegenwart sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß der konkrete Schrecken der Taten wissenschaftlich nicht "einholbar" ist. Der Sammelband ist der erste einer zweibändigen Publikation des Instituts für Diaspora- und Genozidforschung der Ruhr-Universität Bochum; der zweite Band über Formen der Repräsentation von Erfahrungen der Verfolgungen und des Völkermordes soll in Kürze erscheinen. Inhalt: Kristin Platt: Genozid und Moderne: Strukturen kollektiver Gewalt im 20. Jahrhundert. Einleitung (5-38); Burkhard Liebsch: Vom Versprechen, das wir sind. Versuch einer Annäherung an das Thema "Genozid und Moderne" (39-80); Zygmunt Bauman: Das Jahrhundert der Lager? (81-99); Michael Schäfer: Die Rationalität, die Moderne und der Holocaust (100-122); Wolfgang Benz: Vernichtung als politische Kategorie im Denken des 20. Jahrhunderts (123-134); Horst Gründer: Genozid oder Zwangsmodernisierung? Der moderne Kolonialismus in universalgeschichtlicher Perspektive (135-151); Mihran Dabag: Jungtürkische Visionen und der Völkermord an den Armeniern (152-205); Bernhard Giesen: Antisemitismus und Rassismus (206-240); Hans Mommsen: Der Weg zur Vernichtung der europäischen Juden (241-253); Harald Welzer: Massenmord und Moral. Einige Überlegungen zu einem mißverständlichen Thema (254-272); Gerhard Armanski: GULag- Hinterhöfe des Stalinismus (273-293); Frank Chalk / Kurt Jonassohn: Genozid - Ein historischer Überblick (294-308); Roger W. Smith: Pluralismus und Humanismus in der Genozidforschung (309-319); Irving Louis Horowitz: Wissenschaft, Modernität und autorisierter Terror (320-337); Karl Josef Partsch: Die Armenierfrage und das Völkerrecht in der Zeit des Ersten Weltkrieges. Zum Wirken von André Mandelstam (338-346); Otto Luchterhandt: Bekämpfung von Völkermord: Konzepte des Völkerrechts (347-407). ---
Genozid und Moderne? Die Begriffskombination mag leichtfertig, plakativ gedankenlos oder provozierend erscheinen. Kann die Zusammenführung zweier so vielschichtiger Begriffe überhaupt eine weiterführende, vielschichtige Diskussion eröffnen? Überwiegt nicht die Befürchtung der Stereotypisierung und Analyseungenauigkeit angesichts des unpräzisen und schlagwortartigen Charakters der Begriffe jene Versuche, dem Konstrukt programmatische Bedeutung zuzuschreiben? Steht eine unter dem Konzept Genozid und Moderne geführte Diskussion unvermeidbar vor der Gefahr, zum Irrläufer des unklaren Bedeutungshorizonts der beiden Einzelbegriffe selbst zu werden? Oder charakterisiert das Konzept nicht doch gerade die aktuellen Ausprägungen und Richtungen der Diskussionen um Verfolgung und Völkermord? Wenn das letztere der Fall sein sollte, aus welchen Gründen wird dann die normative Ebene der Moderne-Diskussion in die Analyse von Völkermord einbezogen, welche Funktion ist ihr hier zuzuschreiben? Welche Aspekte vermögen Studien, die sich unter dem Schlagwort Genozid und Moderne über einen theoretischen und sogar vergleichenden Weg dem Ereignis Völkermord anzunähern suchen, überhaupt in die wissenschaftliche Diskussion einzubringen angesichts der notwendigen Einsicht, daß noch immer zu viele Einzelstudien zu wichtigen Fragen der Durchführung der nationalsozialistischen Vernichtungspläne — wie ebenso anderer Genozide — ausstehen?

Details

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Verfasser*innenangabe: hrsg. von Mihran Dabag und Kristin Platt
Jahr: 1998
Verlag: Opladen, Leske + Budrich
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Systematik: Suche nach dieser Systematik GP.PR
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ISBN: 3-8100-1822-8
Beschreibung: 410 S.
Schlagwörter: Geschichte 1900-1998, Geschichtsschreibung, Völkermord, Interdisziplinäre Forschung, Kollektive Gewalt, Genocid, Genozid, Fächerübergreifende Forschung
Beteiligte Personen: Suche nach dieser Beteiligten Person Dabag, Mihran; Platt, Kristin
Mediengruppe: Buch