der blaue reiter Ausgabe 49: Schöne Theorie
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Schöne Theorie: Nicht jede Theorie taugt wirklich für die Praxis und nicht alles, was in der Praxis funktioniert, lässt sich theoretisch eindeutig beschreiben. Denn nur ein geringer Teil der Wirklichkeit lässt sich adäquat in Worte fassen. Entsprechend beschäftigt die Frage nach der angemessenen Form der Darstellung philosophischer Theorien die Denker seit Anbeginn der Philosophie. Während Platon seine Gedanken in Form von Rede und Gegenrede darlegte, bevorzugte Aristoteles die systematische Abhandlung, Epikur und Seneca brachten ihre Philosophien in Briefen zum Ausdruck und so unterschiedliche Denker wie Friedrich Nietzsche und Ludwig Wittgenstein bevorzugten die inhaltlich dichte Form des Aphorismus. Philosophischen Ertrag liefert „schöne Theorie“ in Form von „Dichtung“ immer dann, wenn Erkenntnis nicht unmittelbar, sondern nur als „indirekte Mitteilung“ (Sören Kierkegaard) zugänglich gemacht werden kann.
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Blendet jede Einsicht einen Teil der Wirklichkeit aus?
Wo liegen die Grenzen des Sagbaren?
Ist der Mensch nur eine denkende Maschine?
Kann Eigenliebe der Gesellschaft nützlich sein?
Sind Ethische und religiöse Wahrheiten „unsagbar“?
Ist Philosophie Denken pur?
Verschwindet im Begriff das Individuelle und Wirkliche?
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*** Philosophie in literarischer Form – Segen oder Sünde? Wie und warum sich Philosophen literarischer Mittel bedienen. Die Philosophen haben sich einer Vielzahl von Textformen bedient und auch zahlreiche Ausflüge in die schöne Literatur unternommen: Philosophie kann auch „schöne“ Theorie sein. Was aber kann die Literatur für die Philosophie leisten? Und wie viel schöne Literatur verträgt die Philosophie? Autor: Robert Zimmer
*** „Philosophie muss man dichten“. Darstellungen des Unsagbaren. Spätestens seit der Auseinandersetzung Platons mit den Sophisten, die auch die Kunst der überzeugenden Rede vor Gericht lehrten, stehen nicht nur die Argumente der Philosophen im Widerstreit, sondern ebenso die Fragen nach dem Verhältnis von Inhalt und Darstellungsweise sowie die nach den Grenzen des in Schriftform Sagbaren. Autor: Gottfried Gabriel
*** „Schönheit ist Freiheit in der Erscheinung“. Friedrich Schiller: Der Denker des Schönen und der Freiheit. Die Moderne war eine ernste Zeit, sie hatte keinen Sinn für die schöne Zwecklosigkeit. Um dem etwas entgegenzusetzen, suchte Friedrich Schiller in der „revolutionären Denkungsart“ Immanuel Kants Antworten auf Fragen danach, was man tut, wenn man dichtet, was es ist, das einen dies als schön, anmutig und erhaben empfinden lässt, und wie das Schöne, wie die Kunst zu einer Hauptsache des Lebens werden kann. Autor: Rüdiger Safranski
*** Wovon man nichts wissen kann, davon muss man erzählen. Die Erfindung des philosophischen Romans. Auch wenn es mehr gibt, als sich in Begriffe fassen lässt, muss sich das Denken nicht in literarisches Wunschdenken flüchten. Der philosophische Roman ist das, was frühere Zeiten einen „Bastard“ nannten und man heute vielleicht einen „Hybrid“ nennen könnte: ein Zwischenwesen, geboren aus einer (un)heimlichen Kopulation von Philosophie und schöner Literatur, aufgezogen in der Fremde, und am Ende doch noch zähneknirschend anerkannt. Autorin: Jutta Heinz
*** Der Eigensinn der philosophischen Sprache. Viele Wörter, die Philosophen benutzen, kommen in der Umgangssprache nicht vor und sind deswegen für viele Menschen unverständlich. Sie haben ihren oft schwer zugänglichen Eigensinn. Wenn sich das, was Philosophen mit ihnen sagen wollen, auch verständlicher formulieren ließe, wären sie überflüssig. Autor: Wilhelm Vossenkuhl
*** „Zarathustra ging vorbei“. Nietzsche und die Rückkehr des Denkens zur Bildlichkeit. Wer das Denken von Friedrich Nietzsche verstehen will, muss sich auf dessen bildhafte Sprache einlassen. Denn der Philosoph spricht in Bildern, weil er eine Erfahrung gemacht hat, an der er den Leser teilhaben lassen will. Autor: Michael Steinmann
*** Orte des Denkens. Von Athen bis zum Silicon Valley. Der Blick auf die Geschichte der Philosophie zeigt nicht nur bestimmte Zeiten, an denen das Denken blühte, er zeigt auch bestimmte Orte, an denen das Denken ein intensives Leben entwickelte. Autor: Lutz von Werder
*** Der Eigensinn der Kunst. Das „Schöne“ ist wie die Kunst weder eine reine Form der Erkenntnis noch eine der moralischen Beurteilung; Schönheit und Kunst lassen sich weder allein mit der theoretischen noch allein mit der praktischen Vernunft erschöpfend erschließen. Aber welche Rolle spielen Schönheit und Kunst für das Denken? Und was haben Philosophie und Kunst gemein? Autor: Daniel Martin Feige
*** Neues Denken für eine neue Welt. Essayistisches Philosophieren bei Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau. Um ein literarisches Werk zu verreißen, genügte Marcel Reich-Ranicki im Literarischen Quartett oft die Bemerkung, es sei langweilig: Ein Roman, der nicht zu fesseln vermag, ist schlicht kein guter Roman. Doch was für die Literatur gilt, scheint für die Philosophie auf den ersten Blick kein angemessenes Kriterium zu sein. Autor: Dennis Sölch
*** Im Angesicht des Roboters. Philosophische Probleme im Kleid der Science-Fiction. Die Science-Fiction ist aus den Medien nicht mehr wegzudenken. Die Fantasiegeschichten aus der nahen und fernen Zukunft haben sich einen festen Platz erobert. Sie bilden dabei oft eine Bühne für die frühzeitige Diskussion philosophischer Probleme, die sich aus der gedanklichen Fortschreibung technischer Entwicklungen ergeben können und sich im Verlauf der Jahre oft tatsächlich ergaben. Autor: Holger Nielen
*** Vom Meinen zum Wissen. Sokratisches Fragen im platonischen Dialog. Literatur ist kein ästhetischer Selbstzweck. Dichter bringen mit ihren Texten Gedanken in ihrer vollen Lebendigkeit zu sinnlicher Anschauung. Philosophen hingegen bringen abstrakte Gedanken auf klar kommunizierbare Begriffe. Entsprechend haben literarische Elemente in philosophischen Texten nur didaktische und ästhetische Funktionen. Bei Platons Dialogen ist dies jedoch grundsätzlich anders. Autor: Arbogast Schmitt
*** Die Sprache von Bildern in der Philosophie. Hans Blumenbergs Metaphorologie. Gewinnen philosophische Theorien durch eine bildhafte, poetisierende Sprache an Überzeugungskraft? Ist die Einbeziehung von Mythen, Analogien und Metaphern in die Formulierung von Thesen mehr als schmückendes Beiwerk? Und was trägt die „Schönheit“ eines Denkmodells zu dessen Wahrheit bei? Autorin: Annemarie Pieper
*** Mehr als nur Staatstheorie. Zur literarischen Dimension der klassischen Utopien. Utopien wie Utopia von Thomas Morus, Brave New World von Aldous Huxley oder 1984 von George Orwell sind nicht nur literarische Schilderungen unauffindbarer Sehnsuchtsorte. Sie sind vielmehr soziale Gedankenexperimente und literarische Frühwarnsysteme, die den Blick für die Defizite zeitgenössischer Gesellschaften schärfen. Autor: Thomas Schölderle