Niederschwellige Erziehungshilfen wenden sich an Jugendliche, die bereits aus mehreren Heimen und Schulen entlassen wurden und es in keiner Betreuungsform aushalten. Den Jugendlichen wird ein kleines Zimmer zu Verfügung gestellt und es wird deren Wunsch nach einem möglichst unreglementierten Leben ernst genommen. Ein Team von drei forschungserfahrenen PädagogInnen hat solche Jugendlichen über zwei Jahre begleitet und beobachtet. Entstanden ist so ein wissenschaftlich fundiertes Portrait eines Jugendhilfeangebots für sogenannte Systemsprenger/innen, eines Settings, das sich immer wieder anpassen und verändern musste und von Jugendlichen, die sich selbst gefährden und zugleich selbst finden wollen. Die Wirkungen des Settings können sich sehen lassen: Das untersuchte Angebot schneidet nicht schlechter ab als viele andere sehr viel kostenintensivere und/oder invasivere Hilfeformen. Mehr als ein Drittel der Jugendlichen kommt im Laufe der nächsten Jahre auf einen guten Weg, indem sie sich auf herkömmliche Hilfeformen einlassen und Schule und/oder Ausbildung schaffen. Fast die Hälfte stabilisiert sich in den nächsten Jahren zumindest auf niedrigem Niveau, in einer eigenen Wohnung, wenn auch mit staatlicher Alimentierung, aber deutlich verminderter Kriminalität. Nur wenige Jugendliche stürzen noch weiter ab, geraten in Zwangskontexte (Gefängnis, FM/GU) oder Wohnungslosigkeit und verelenden auf Grund von Drogenkonsum oder ihrer exzessiven Lebensweise.
Inhalt
Vorwort zur 2. Auflage 7
Vorwort 8
Einleitung 15
1 Einführung: Wohin mit jungen Menschen, die keiner mehr haben will? 21
1.1 Junge Menschen, die keiner mehr betreuen will 21
1.2 Verbreitung der Zielgruppe 25
1.3 Diskurse rund um "hoch riskant agierende Jugendliche" 27
2 Philosophie, Architektur und Eckpunkte des Settings 35
2.1 Gründungsanlass und zentrale Eckpfeiler des Settings
in den ersten fünf Jahren 35
2.2 Exkurs: NAIS als Übergangshilfe für Jugendliche in der
"Stagnation" (D. W. Winnicott) 40
2.3 Wichtige Veränderungen im Lauf von 14 Jahren 42
3 Interaktionen und Interventionen in niedrigschweliigen Settings:
"Weniger bringt manchmal mehr" 49
3.1 Interaktionsbereich "niedrigschwelliges Begleiten" 50
3.2 Interaktionsbereich "Versorgen" 65
3.3 Interaktionsbereich "Beraten/(Selbst-)Klärungshilfen anbieten" 70
3.4 Interaktionsbereich "Erziehen/Kontrollieren" 83
4 Wer sind die NAIS-Jugendlichen und wie entwickeln sie sich
während der Zeit bei NAIS? 90
4.1 Soziodemographische Angaben 91
4.2 Die Zeit vor NAIS 92
4.3 Die Zeit bei NAIS: Formen des Umgangs mit dem Freiraum 99
4.4 Beendigung der Betreuung bei NAIS 109
5 Fallschilderungen 112
5.1 Ute und Tobias: Zwei Provinz-Punks in der biographischen Sackgasse Berlin 113
5.2 Frank: Ein drogenabhängiger, krimineller Jungunternehmer
lernt das Fürchten und steuert um 134
5.3 Hermine: Zwischen Schneekönigin und Messerstecherin 143
6 Chancen, Risiken und Grenzen bei der Betreuung von
riskant agierenden Jugendlichen, insbesondere in
niedrigschwelligen Betreuungssettings 163
6.2 Zwischen "passgenauer" Hilfe und der Gefahr der
Instrumentalisierung aus Hilflosigkeit 166
6.3 Systematische Risikoanalyse bei riskant agierenden
Jugendlichen in unterschiedlichen Hilfeformen 170
6.4 Wie sieht ein "achtsamer" und fairer "Umgang" mit
Risiken in diesem Arbeitsfeld aus? 181
7 Wirkungen und Erfolge bei NAIS 186
7.1 Einschätzung der mittelfristigen Entwicklungen
auf Grundlage der Interviews 188
7.2 NAIS im Urteil der Jugendlichen 191
7.3 Entwicklungsverläufe laut Aktenanalyse 194
8 Ergebnisse anderer Studien zu Settings für sogenannte "Systemsprenger" 200
8.1 Therapeutische Jugendwohngemeinschaften 201
8.2 Ein Angebot an der Schnittstelle Jugendhilfe/Kinder- und Jugendpsychiatrie 203
8.3 Mischfinanziertes Schnittstellenprojekt: Jugendhilfe/Suchthilfe 205
8.4 Individualpädagogische Projekte im In- und Ausland 207
8.5 Geschlossene Unterbringung/Freiheitsentziehende
Maßnahmen nach § 1631 b BGB 209
8.6 Fazit: Die NAIS-Ergebnisse im Vergleich mit anderen Settings 213
Literatur 216