Die erste Geschichte zu Kultur und Alltag der Sinti in Deutschland von den 1920er Jahren bis zur Jahrtausendwende. Der Historiker Heiko Haumann beschreibt in ›Die Akte Zilli Reichmann‹ Lebenswelten und Kultur der Sinti anhand zahlreicher persönlicher Berichte. Auch Zilli Reichmann, die 1924 geboren wurde und Auschwitz überlebte, schilderte ihm ihre Erinnerungen. Am Beispiel ihrer Biographie beschreibt er den Alltag der Sinti und das Familienleben, aber auch die allgegenwärtige Diskriminierung, die polizeiliche Erfassung seit 1900 und die Verfolgung der Sinti während des Nationalsozialismus. Dabei entsteht auch ein umfassendes Bild von den Bedingungen und Beziehungen im »Zigeunerlager« von Auschwitz-Birkenau. Doch Heiko Haumann erzählt ebenso vom Fortwirken der Vorurteile nach 1945, vom langen Kampf um die Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus und vom Prozess des Sesshaftwerdens. 60.000 Sinti leben heute in Deutschland, fast alle führen ein sesshaftes, geregeltes Leben – doch die lange Geschichte der Abwertung und Diskriminierung prägt ihre Träume, Ängste und Erwartungen bis heute. (Verlagstext)
Inhalt
Vorwort
Nachtgedanken
1 Die 1920er und 1930er Jahre
Als Fahrende unterwegs: Sinti während der
Weimarer Republik
Hinternah, 10 Juli 1924 o Blick zurück: Zur Geschichte
der Sinti o Das "Zigeunerbild" o Beginn der systematischen
"Bekämpfung des Zigeunerunwesens" o Die Ausgrenzung
der "Zigeuner" während der Weimarer Republik
Wanderkino als Attraktion: Willkommen in den
Dörfern
Zwischen Tradition und Wandel
Erziehung, Schule, Frömmigkeit o Autonomie und Integration:
Sprache und Bräuche o Familienbeziehungen:
Zillis Tochter
2 Gefangen in Auschwitz: "Zigeuner" unter
nationalsozialistischer
Herrschaft
Kein Entkommen: "Zigeuner" im "Dritten Reich"
Kontinuitäten o "Zigeuner" als "Arier"? o "Zigeuner"
und Juden o Olympische Spiele und Ghettoisierung o Die
"Rassenhygienische Forschungsstelle" und der Begriff des
"Zigeunermischlings" o Die Karteien der "Forschungsstelle
" und bundesrepublikanische Karrieren o "Zigeunermischlinge
" und "Zigeunerhäuptlinge"
Zillis Verhaftung 1942 und ihre Folgen: Der Plan zur
Vernichtung der "Zigeuner"
"Vorbeugende Verbrechensbekämpfung" gegen "Asoziale
" o Zentralisierung der Erfassung und "Regelung
der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse heraus" o
"Festsetzungserlass", Deportationen, Morde o Fluchtwege
der Familie Reichmann und Zillis Verhaftung
Einlieferung in Auschwitz-Birkenau 1943:
Das "Zigeunerlager"
Himmlers "Auschwitz-Erlass" o Entstehung und Organisation
des "Zigeunerlagers" o Zilli Reichmanns Ankunft
in Auschwitz
Überleben im KZ: Täglicher Kampf, Solidarität und
Feindschaft
Zustände im Lager o "Freizeit": Fröhliche Augenblicke o
Beziehungen der "Zigeuner" untereinander o Ein Sonderfall:
Die Wittgensteiner "Zigeuner" o Arbeit o Hilfe
durch Gadsche: Horst Jonas und Hermann Dimanski o
Ein exemplarisches Schicksal: Franz Spindler o Überleben
in Auschwitz
Willkür und Gewalt - "Zigeuner" und die SS
Sexuelle Beziehungen, sexuelle Gewalt o Willkür und
Brutalität der SS-Leute o Josef Mengele
"Arbeitseinsatz" oder Gaskammer?
Die "Liquidierung" des "Zigeunerlagers"
Drohende Vernichtung o Der erste Versuch zur Ermordung
der "Zigeuner" o "Arbeitseinsatz" und die "Liquidierung
" des "Zigeunerlagers"
Zillis Flucht - Kriegsende als Befreiung
Ravensbrück o Arado-Werke, Wittenberg o Flucht und
Kriegsende
3 Ein neues Leben: Sinti in der Bundesrepublik
Deutschland
Heirat und wieder "auf Fahrt":
Erneute Diskriminierung im Entschädigungsverfahren
Heirat, Musik, Alltag o Benachteiligung bei der "Wiedergutmachung
" o Fortsetzung der diskriminierenden
"Zigeunerpolitik" o Zilli Reichmanns Kampf um Entschädigung
Wechsel in die Sesshaftigkeit: Strategien der
Integration der Sinti in der Bundesrepublik
Zeugin in NS-Prozessen: Rekonstruktion der
Zigeunerverfolgung und Erinnerung
Unvollständige juristische Aufarbeitung der "Zigeunerverfolgung
" o Der Prozess gegen König und Zilli Schmidts
Erinnerungen
4 Schluss
Anhang
Anmerkungen
Dank
Quellen und Literatur
Abbildungsnachweis
Personenregister