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Der Revisionismus

von Bernstein bis zum Prager Frühling [Bernstein, M. Adler, Lukács, Bloch, Korsch, Sternberg, Harich, Havemann, Tito, Djilas, Stojanovic, Supek, Kolakowski, Sik, Kosik, Lefèbvre, Garaudy, E. Fischer, Togliatti, Lombardo-Radice]
Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Grebing, Helga
Verfasser*innenangabe: Helga Grebing
Jahr: 1977
Verlag: München, Beck
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Als Revisionismus bezeichneten führende Theoretiker und Politiker der SPD ab 1899 Positionen ihrer innerparteilichen Gegner, die von deren bis dahin vereinbarten Zielen abwichen und deren Realisierung aufgaben. Hauptvertreter dieser Richtung war Eduard Bernstein, der den praktischen Teil des Erfurter Programms der SPD von 1891 verfasst hatte. Er trat nun mit der These hervor, dass die bisherige Ausrichtung auf Klassenkampf und Abschaffung des Kapitalismus durch die Realität überholt sei. Dieser habe sich als krisenfest und anpassungsfähig erwiesen, so dass die SPD nur im Rahmen der bestehenden Produktionsweise durch Sozialreformen Verbesserungen für die Arbeiter und eine allmähliche Angleichung des Lebensstandards erreichen könne (der Weg ist mir alles, das Ziel ist mir nichts). Als wichtigstes Publikationsorgan des sozialdemokratischen Revisionismus galten die Sozialistischen Monatshefte, die von Joseph Bloch herausgegeben wurden. Bloch sah sich der SPD verbunden, die Zeitschrift war aber von der Partei unabhängig. Diese Position wurde damals sowohl von der Parteilinken, vertreten u. a. von Rosa Luxemburg, als auch vom marxistischen „Zentrum“, vertreten von Karl Kautsky und der Parteiführung unter August Bebel, als Abkehr vom damaligen SPD-Programm der revolutionären Abschaffung der Klassengesellschaft zurückgewiesen. Diese Gegenpositionen zum Revisionismus wurden auch als „orthodoxer Marxismus“ zusammengefasst. In der Alltagspraxis verfolgte die Mehrheit der SPD jedoch einen Kurs, der heute als Realpolitik bezeichnet wird: Sie versuchte, durch Kompromisse mit der Monarchie Anerkennung bei den Eliten des Kaiserreichs zu finden. Im August 1914 gab sie ihre bis dahin vehement vertretene Ablehnung des Krieges innerhalb weniger Tage auf und trug die Kriegsentscheidung des Reichstags in Form der Zustimmung zu den Kriegskrediten nahezu geschlossen und für die ganze Dauer des Ersten Weltkriegs mit. Die Systemopposition wurde also hier tatsächlich „revidiert“, auch wenn sie in der Theorie und im Programm noch festgehalten wurde. Das Abweichen vom ursprünglichen Kurs wurde als „moderate“, pragmatische und realitätsnahe Herangehensweise mehrheitsfähig, so dass das Festhalten am ursprünglichen Kurs als „extreme“, „radikale“, unrealistische und unmoderne Minderheitsmeinung erschien. Dieses Verlassen des Vorkriegskurses begriff die linke Minderheit als „Verrat“ der Parteiziele, den aber anfangs nur sehr wenige praktisch bekämpften. Der Flügelstreit in der Partei nahm während des Krieges erst wieder zu, als hohe Kriegsopfer, die russische Februarrevolution, Massenstreiks und der Kriegseintritt der USA die innenpolitische Lage verändert hatten. So kam es 1917 zur Parteispaltung in USPD und MSPD. Im Verlauf der Novemberrevolution spaltete sich die Linke ihrerseits nochmals, indem sich die KPD gründete. Diese beanspruchte, als einzige politische Kraft der deutschen Arbeiterbewegung nicht „revisionistisch“ zu sein. Die Kommunisten nutzten den Begriff sodann zur ideologischen Abgrenzung von der Politik der SPD-Regierung unter Philipp Scheidemann und Friedrich Ebert. Revisionismus hieß in der Weimarer Republik für sie brutale Gewalt, seit Wehrminister Gustav Noske mit Hilfe der Freikorps revolutionäre Arbeiteraufstände und Streiks niederschlagen ließ. Der KPdSU diente der Begriff seit 1923 zur Abgrenzung von allen Parteien der gescheiterten 2. Internationale. Seit etwa 1925 wurde er von Stalins Propaganda synonym mit „Sozialfaschismus“ verwendet. Für die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands der 1949 gegründeten DDR und das ihr hörige Institut für Marxismus-Leninismus galten die Sozialistischen Monatshefte als „publizistisches Zentrum des internationalen Revisionismus“. Der Vorwurf, die SPD entferne sich von ihren Grundwerten, wurde erneut vom linken SPD-Flügel erhoben, als die Partei am 15. November 1959 das Godesberger Programm verabschiedete. Mit dieser Revision ihrer Ziele erkannte die Partei nach dem Tod ihres ersten Nachkriegsvorsitzenden Kurt Schumacher die soziale Marktwirtschaft an und vollzog den Schritt von einer Klientel-Partei der Arbeiterschaft zur Volkspartei, die auch für bürgerliche Schichten wählbar sein wollte.

Details

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Verfasser*innenangabe: Helga Grebing
Jahr: 1977
Verlag: München, Beck
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Systematik: Suche nach dieser Systematik GP.PS
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ISBN: 3-406-06995-9
Beschreibung: 281 S.
Schlagwörter: Revisionismus
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Mediengruppe: Buch