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Klassischer Anarchismus und Erziehung

libertäre Pädagogik bei William Godwin, Michael Bakunin und Peter Kropotkin
Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Heinlein, Markus
Verfasser*innenangabe: Markus Heinlein
Jahr: 1998
Verlag: Würzburg, Ergon-Verl.
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Anhand der drei Klassiker und ihrer radikalen Bildungskritik, die das Kind als Subjekt in den Mittelpunkt stellte und einen ganzheitlichen Erziehungsbegriff propagierte, werden die ideengeschichtlichen Ursprünge libertärpädagogischer Theorierekonstruiert. Rezension "Der Autor bietet mit seiner Zielrichtung und seinem Forschungsinteresse einen Erkenntnisgewinn für den aktuellen Diskurs um libertäre Pädagogik. Es geht ihm um den Ertrag des klassischen Anarchismus für die Entwicklung und Herausbildung einer libertären Pädagogik. Heinlein konzentriert sich dabei auf Godwin, Bakunin und Kropotkin, die er als drei unterschiedliche Vertreter des klassischen Anarchismus versteht und die mit ihren Positionen sowohl für die allgemeine Theoriebildung des Anarchismus als auch für seine pädagogischen Implikationen idealtypisch zu differenzieren sind. Anarchismus wird dabei von Heinlein als ein Ergebnis der bürgerlichen Aufklärung definiert, gleichsam als ihre Radikalisierung und Negation. Er stellt damit einen klaren definitorischen Bezugrahmen für seine Arbeit her, den er sozial- und philosophiegeschichtlich nach einer libertären Pädagogik befragt. Heinlein nimmt für den klassischen Anarchismus des 18. und 19. Jahrhunderts eine Dreiteilung vor, die sich gut für seine pädagogische Systematisierung eignet: Godwin als Vertreter eines individuellen, Bakunin als Vertreter eines revolutionären und Kropotkin als einer eines reformerischen Anarchismus. Mit dieser konzeptionellen Dreiteilung kann Heinlein überzeugend auch drei pädagogische Ansätze darstellen, die die klassische anarchistische Pädagogik prägen. Godwins Pädagogik ist bestimmt durch eine "Autonomie der Vernunft" (S. 159), die das Kind als Subjekt in den Mittelpunkt stellt und Erziehung als ein Instrument der Unterdrückung sieht. Nach Heinlein entpuppt sich Godwin hier als "Höhepunkt und Ende einer Aufklärungsphilosophie" (S. 159) und ist in seiner Pädagogik geprägt durch einen "aufklärungsphilosophischen Optimismus" (S. 321). Bakunin ist weniger als Godwin von einem originär pädagogischen Interesse geleitet. Sein pädagogisches Konzept ist eine radikale Bildungskritik, die sich aus seiner Gesellschaftskritik ableitet und auch eine Kritik an autoritären Elementen der Aufklärungsphilosophie und -pädagogik enthält. In seinem postrevolutionären Entwurf finden klassische Elemente einer libertären Pädagogik Eingang wie die der Koedukation, der ganzheitlichen Bildung von Kopf, Herz und Hand und der Rationalität. Im Kontext von Kropotkins anthropologischen Ansatz der "gegenseitigen Hilfe" entwickelt er eine "éducation intégrale", eine ganzheitliche Erziehung, die in einen polytechnischen Bildungsansatz mündet. Kropotkins "konstruktiver Anarchismus" (S. 323) wird zu einem pragmatischen Ansatz für libertäre Politik und Pädagogik, der libertäre Veränderungen nicht erst als das Ergebnis revolutionärer Ereignisse sieht, sondern auch in real existierenden autoritären Verhältnissen für möglich hält. Heinlein bietet eine überzeugende Rekonstruktion der ideengeschichtlichen Ursprünge libertärpädagogischer Theorie. Daß er nicht zu einer Reflexion pädagogischer Praxis kommt, hängt mit der Anlage seiner Arbeit zusammen und mit der relativen Praxisferne der diskutierten Anarchisten. Eine solche Praxisanalyse könnte jedoch sehr gut auf Heinlein aufbauen bzw. anschließen. Ein zweiter ergänzender Hinweis zu Heinleins Studie gilt dem Pädagogikansatz von Max Stirner, der mit seinem radikalen Individualismus über Godwin hinausgeht und gleichsam ein viertes Konzept im Kontext des klassischen Anarchismus bietet. Vor allem wenn Heinlein den Anarchismus auf der Folie der bürgerlichen Aufklärung diskutiert, wäre es naheliegend gewesen, auch Stirner zu berücksichtigen - zumindest hätte er etwas ausführlicher erwähnt werden müssen. Wir finden bei Stirner eine radikalisierte anarchistische Theorieofferte, die noch mehr als bei Godwin, Bakunin und Kropotkin Implikationen für eine pädagogische Diskussion bietet. "Wille statt Wissen" wird bei Stirner zum Axiom einer libertären Pädagogik, die zu einer Art Anti-Pädagogik wird. Zu Stirners Erziehungs- und Bildungsdenken gibt es, im Gegensatz zu Godwin, Bakunin und Kropotkin, in den letzten Jahren auch eine erziehungswissenschaftliche und libertäre Diskussion - jüngst vgl. Das Themenheft "Max Stirner und die Pädagogik" im Rahmen der Vierteljahresschrift des Max- Stirner-Archivs Leipzig "Der Einzige" (Nr. 2/6 1999) - die an dieser Stelle hätte eingebunden werden können. Fazit: Die Studie von Heinlein ist in der Anlage ebenso spannend wie neu und die Ergebnisse originell. Sie stellt einen wichtigen Eckpunkt in der historischen und systematischen Diskussion um eine libertäre Pädagogik dar und bietet Anschlußmöglichkeiten für eine weiterführende Auseinandersetzung. Darüberhinaus kann mit dieser Arbeit die pädagogische Sensibilität in der klassischen anarchistischen Ideengeschichte nachgewiesen werden. Damit stellt Heinleins Arbeit auch den gelungen Versuch dar, eine libertärpädagogische Position im Kontext der allgemeinen Pädagogikgeschichte zu verorten und resonanzfähig an den erziehungswissenschaftlichen Diskurs zu machen." Ulrich Klemm Inhaltsverzeichnis 0 Einleitung 9 / 0.1 Libertäre Pädagogik und klassischer Anarchismus - Definitorische Annäherungen 9 / 0.2 Stand und Defizite der Forschung, Quellenlage 16 / 0.3 Die Geschichte des Anarchismus als Geschichte einer Niederlage: Interpretationsverfahren, methodisches / Vorgehen, Geschichtsbegriff 27 / 0.3.1 Kritik des Historismus und die »Tradition der Unterdrückten« (BENJAMIN) 27 / 0.3.2 Die Markierungen des diskursiven Feldes (FOUCAULT) 33 / 0.3.3 Kontinuitätskritik als Gesellschaftskritik (HORKHEIMER/ADORNO) 35 / 1 Bildung und Erziehung bei William GODWIN 40 / 1. Biografisch-Historische Einordnungen 40 / 1.1.1 Leben und Werk 40 / 1.1.2 Jakobinismus und Dissentertum: Bemerkungen zur philosophischen Abkunft godwinschen Denkens 53 / 1.2 »The most powerful instrument« — Der Erziehungsbegriff in »An Account« 59 / 1.2.1 Erziehung und Regierung 60 / 1.2.2 Prolegomena einer pädagogischen Ethik 61 / 1.2.3 Didaktische Überlegungen 66 / 1.3 Vernunft und Autonomie - Menschenbild und Erziehungstheorie in »Political Justice« 71 / 1.3.1 Anthropologische und philosophische Grundlegungen 71 / 1.3.1.1 Das Anlage-Umwelt-Problem und seine pädagogischen Implikationen 77 / 1.3.1.2 Vernunft und Gefühle 76 / 1.3.1.3 Die Unendlichkeit der Vernunft: GODWINS »Perfectibility-Begriff« 79 / 1.3.2 Bildungskritik in »Political Justice« 82 / 1.3.2.1 Kritik am monarchistischen Bildungsbegriff 82 / 1.3.2.2 Kritik am aristokratischen Bildungsbegriff. 87 / 1.3.2.3 Kritik am demokratischen Bildungsbegriff 88 / 1.3.3 Wege zur Autonomie: Erziehungsbegriff und Pädagogische Utopie in »Political Justice« 105 / 1.3.3.1 Der Begriff der Erziehung in »Political Justice« 105 / 1.3.3.2 Individualismus und Moralität 108 / 1.3.3.3 Pädagogische Utopie in »Political Justice« 113 / 1.4 »All education is despotism« - Erziehung und Autonomie im »Enquirer« 121 / 1.4.1 Anthropologische und philosophische Grundlegungen . 122 / 1.4.1.1 Die Revision der Begabungsdiskussion 122 / 1.4.1.2 Sensualistische Revisionen 127 / 1.4.2.2 Erziehung und Sklaverei 130 / 1.4.2.3 Das pädagogische Verhältnis als Vertrauensverhältnis 132 / 1.4.3 Pädagogische Praxis 136 / 1.4.3.1 Public Education als soziale Erziehung 136 / 1.4.3.2 Didaktische Vorschläge 139 / 1.4.3.3 Realpädagogik und Pädagogische Utopie im »Enquirer« .142 / 1.5 GODWINS »Entdeckung des Kindes« - Pädagogische Implikationen in»Thoughts on Man« 148 / 1.5.1 Das Anlage-Umwelt-Problem 148 / 1.5.2 Bildungskritik 150 / 1.5.3 Der Erziehungsbegriff in »Thoughts on Man« 151 / 1.5.3.1 Die Aufgaben des Lehrers 151 / 1.5.3.2 Der Aufbau des Unterrichts 153 / 1.5.3.3 Autorität und Autonomie 155 / 1.6 Zusammenfassung 157 / 2 Bildung und Erziehung bei Michael BAKUNIN 160 / 2.1 Biografisch-Historische Einordnungen 160 / 2.1.1 Leben und Werk 160 / 2.1.2 Die philosophische Entwicklung BAKUNINS 173 / 2.1.2.1 FlCHTES Einfluß auf BAKUNIN 175 / 2.1.2.2 Der frühe BAKUNIN und HEGEL 177 / Exkurs: Pädagogische Aussagen in den Frühschriften BAKUNINS 182 / 2.1.2.3 Vom Linkshegelianismus zur »Philosophie der Tat« 189 / 2.2 BAKUNIN als anarchistischer Denker 193 / 2.2.1 Anthropologie 194 / 2.2.1.1 Der Naturbegriff 194 / 2.2.1.2 Das Verhältnis Mensch/Tier 195 / 2.2.1.4 Die menschliche Denkfähigkeit 199 / 2.2.2 BAKUNINS Begriff von Wissen und Wissenschaft 202 / 2.2.3 Der Freiheitsbegriff bei BAKUNIN 208 / 2.3 Die Pädagogik bei Michael BAKUNIN 211 / 2.3.1 Bildungskritik '. 211 / 2.3.1.1 Kritik an bürgerlicher Bildung 211 / 2.3.1.2 Kritik an sozialistischen Bildungskonzeptionen 217 / 2.3.2 Der Erziehungsbegriff. 223 / 2.3.3 Die Rahmenbedingungen der Erziehung 226 / 2.3.4 Individualität und Erziehung 229 / 2.3.5 Autorität und Erziehung 230 / 2.3.6 Verfall der Wissenschaften und »Durchschnittsbildung«. 232 / 2.3.7 Hand- und Kopfarbeit 236 / 2.3.8 Koedukation 240 / 2.3.9 Die konkrete Durchführung des Unterrichts 241 / 2.3.9.1 Definition und Ziele des Unterrichts 241 / 2.3.9.2 Struktur des Unterrichts 242 / 2.4 BAKUNIN und die Narodniki-Bewegung - BAKUNINS Erziehungsdenken in der Praxis 244 / 2.4.1 Entstehung der Narodniki-Bewegung 244 / 2.4.2 BAKUNINS Einfluß auf die Narodniki-Bewegung 246 / 2.5 Zusammenfassung 249 / 3. Bildung und Erziehung bei Peter KROPOTKIN 252 / 3.1 Biografisch-Historische Einordnungen 252 / 3.1.1 Leben und Werk 252 / 3. l .2 KROPOTKIN im CAIKOVSKIJ -Zirkel: Populistischer Anarchismus 264 / 3.1.2.1 Vom Nihilismus zum »Zug ins Volk« 264 / 3.1.2.2 Populismus und Revolution: Die Formierung des anarchistischen Denkens bei KROPOTKIN 266 / 3.2 KROPOTKIN als anarchistischer Denker 277 / 3.2.1 KROPOTKINS Anthropologie: Gegenseitige Hilfe versus Überlebenskampf 277 / 3.2.3 KROPOTKINS Ethik 284 / 3.2.4 KROPOTKINS Wissenschaftsbegriff 288 / 3.3 Die Pädagogik bei Peter KROPOTKIN 298 / 3.3.1 Bildungskritik 298 / 3.3.1.1 Gewöhnung an Autorität 298 / 3.3.1.2 Erziehung und der Staat 299 / 3.3.2 Die Ziele der Erziehung bei KROPOTKIN 305 / 3.3.3 Hand- und Kopfarbeit 309 / 3.3.4 »Aufschwung« der Wissenschaften 311 / 3-3.5 Die konkrete Durchführung des Unterrichts 313 / 3.3.6 Selbstregulation 316 / 3-4 Zusammenfassung 317 / 4. Schlußbemerkungen 321 / 4.1 Libertäre Pädagogik bei GODWIN, BAKUNIN und KROPOTKINGemeinsamkeiten und Differenzen 321 / 4.2 Anmerkungen zur Wirkungsgeschichte klassischer libertärer Pädagogik 326 / / Literatur 331

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Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Heinlein, Markus
Verfasser*innenangabe: Markus Heinlein
Jahr: 1998
Verlag: Würzburg, Ergon-Verl.
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ISBN: 3-932004-63-9
Beschreibung: 348 S.
Schlagwörter: Godwin, William, Libertäre Erziehung, Bakunin, Michail A., Kropotkin, Petr A., Anarchismus / Erziehung, Anarchistische Erziehung, Anarchistische Pädagogik
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Sprache: Deutsch
Fußnote: Zugl.: Würzburg, Univ., Diss. 1996
Mediengruppe: Buch