Eine über die spezielle Amoklauf-Problematik hinausgehende kapitalismuskritische Analyse von Gewaltphänomenen in westlichen Gesellschaften. Wenn ein Mensch Amok läuft, beschwören die Interpreten schnell das Außergewöhnliche des Ereignisses, als wäre es schicksalhaft vom Himmel gefallen. Götz Eisenberg hat seit über einem Jahrzehnt die Zusammenhänge von Amok und Gewalt erforscht und hält vehement dagegen. Für ihn verrät Amok weniger über die verzweifelten Täter als über die latente Gewaltbereitschaft unserer Gesellschaft. »Amok«, sagt Eisenberg, »droht zur kriminellen Physiognomie des globalen Zeitalters« zu werden.
AUS DEM INHALT
"Heute vor einem Jahr" oder: Die Zeitstruktur der Rache . . . 9
I. Das rätselhafte Phänomen Amok 15
"Ich lauf hier gleich Amok!" 15 o Mutmaßungen über den Amoklauf
18 o "Sinnentzug" und Altersamok 24 - Amok und Zivilisationsprozess
26 o Eine kommentierte Chronik der Schulamokläufe 28 o
Rückblick 1: "Mein Zorn ist wie der eines Gottes." Das Massaker an
der Columbine Highschool von 1999 35 o Alltagsamok - Amokalltag:
Im Lebensmittelmarkt 40
II. Das Gefängnis als "Gewaltlabor" und Ort,
der mein Schreiben prägt 43
Mit der Sehnsucht einer Wirkung nach ihrer Ursache 43 o Ein
"Amokexperte" am 11. März 2009 45 o Alltagsamok-Amokalltag:
Der Amoklauf des Geldes und seine sprachliche Begleitmusik 50 o
"Woran soll man sich denn halten?" Auf dem Gebiet der Erziehung
herrscht Unsicherheit 51 o Rückblick 2: Amok und Idyll. Die Amokfahrt
von Apeldoorn 57 o Apropos Winnenden 1: Die Industrialisierung
des Mitleids. Von der "fürsorglichen Belagerung" durch Psychologen
61 o "So traumatisiert wie du bin ich schon lange!" Krankheit
als Mittel der Distinktion 69 o Alltagsamok-Amokalltag:
"Frühlingserwachen" 71 -Apropos Winnenden 2: Der Kampf gegen
die Halbwertszeit der Betroffenheit 73 o Rückblick 3: Erfurt und die
Folgen. Vom Scheitern der Katastrophendidaktik: "Für heute
reicht's" 75 o Schulen als Orte der Kränkung und der Gewalt 80 o
Ein Schultrauma: Die Ursache, Roman von Leonhard Frank 83 o
Schulen als verlässliche Orte 86 o Hirn-Screening oder: Vor uns liegen
die Schrecken der Prävention 89 o Rückblick 4: Der Amoklauf von
Bad Reichenhall. Günter Lamprechts vergeblicher Kampf um Aufklärung
und Gerechtigkeit 91 o Amok oder Blutrache? Das Massaker
von Bilgeköy 99
III. Die "wilden Kerle":
Sie stellen eine Menge an, aber Amok laufen sie nicht 101
Kinder im Niemandsland: Gangs in Liverpool 101 o Punks und
Polizei 105 o Aus dem Ghetto von L. A. in die Wetterau: zum Beispiel
Carlos 107 o Rabiate Nacherziehung: Über Boot Camps 114 o
Vom Kindersoldat in Sierra Leone zum Straftäter in Oberhessen:
zum Beispiel Joe 116 o "Warum sollte ich nicht schlafen können?
" Der "Schrebergarten-Nazi" von Gifhorn 121 o Der Tanz ums
"goldene Kind" (I) 126 o Apropos Winnenden 3: Von der vergeblichen
Suche nach Motiven 128 o Alltagsamok -Amokalltag: Welches
Kind hätte nicht Grund zu weinen? 134
IV. Mädchen und Amok 135
"Ich will erst meine Mitschüler weinen sehen." Der gescheiterte
Amoklauf einer Schülerin in St. Augustin und andere Resonanzstraftaten
135 o "I don't like mondays" 140 o Rico oder: Ein Selbstmordversuch
mittels Polizei 141 o Der Tanz ums "goldene Kind" (II) 145 o
Kontrollverlust und Verbrechen 146 o Alltagsamok - Amokalltag:
Der Kick mit ^em Ste'n '48
V. Körper, Ehre, Respekt: männliche Selbstwertprothesen . . . . 151
Eine Frage der "Ehre": Die Münchner U- und S-Bahn-Attacken 151 o
Von Männerkörpern und männlicher Ehre 157 o "Respekt" als
Kampfbegriff und Chiffre 161 o Der Versuch, lebende "Gewaltbomben
" zu entschärfen: das "Anti-Aggressions-Training" 168 o "Hey,
was guckst du?" Vom Riskantwerden der Blickverhältnisse in den
Städten 173 o "Autotelische Gewalt" oder: Ende einer Klassenfahrt
183 o Alltagsamok-Amokalltag: Lackierte Kampfhunde 184
VI. Amok und Lärm 187
Vom Recht auf Stille 187 o "Wer bremst, verliert" 195 o Oasen der
Stille und der Verlangsamung 196 o Der Holzklotz-"Amok" von
Oldenburg 204
VII. "Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?"
Zur Psycho- und Soziodynamik
zeitgenössischer Tötungsdelikte 207
"Verstehen kann das auch ein Psychiater nicht." 207 o "Magnus und
der Markenwahn" 210 o Soziologische Taten? 213 o Frei flottierender
Hass und "zweckfreie" Kriminalität 216 o Grenzen der juristischen
Wahrheitsfindung 218
VIII. "Ich weiß nicht, wie das passieren konnte."
Über Kindesmisshandlungen und -tötungen 223
Familie als Tatort 223 o Flexibilität und Gewalt 225 o Die Demontage
des Sozialstaates oder: Glück ist, wenn der Pfeil den Nebenmann
trifft 229 o Alltagsamok -Amokalltag: Zum Stand der Kindererziehung
231 o Rückblick 5: Alles mitreißen in den Untergang. Überlegungen
anlässlich des Amoklaufs an der Virginia Tech University
232 o Alltagsamok-Amokalltag: Der Blutfleck a^ Menetekel 249 o
Apropos Winnenden 4: Haupdehrer Wagner und Tim K. 251 o
Apropos Winnenden 5: Der Abschlussbericht der Ermittler 253 o
Der Tanz ums "goldene Kind" (III) 256 o "Mein Kopf gehört mir".
Eine E-Mail an den Verleger 257
IX. Die Zerstörung der Kindheit:
vom "Zappelphilipp" zum Straftäter 261
Ein unerwünschtes Kind: zum Beispiel Kevin 261 o "Wenn doch
jemand käme und mich mitnähme" 263 o Die Biologisierung und
Medizinalisierung eines sozialen Problems 267 o Wie ein ins Milchglas
gefallener Frosch 271 o Schulen als Zulieferbetriebe von Industrie und
Markt? 276 o Das moralische Ozonloch oder: Die "Psychopathen"
kommen 282 o Alltagsamok-Amokalltag: Der steinerne Gast 289
Das Ende der Schreib-Auszeit oder:
Warum ich im Gefängnis gelandet bin 290
Literaturverzeichnis 299