Die Regulationstheorie ist längst ein Begriff für die 'kritischen' SozialwissenschaftlerInnen im deutschsprachigen Raum, die sich mit dem Thema der politischen Ökonomie der Entwicklung beschäftigen. Jedoch blieb der Zugriff für viele ForscherInnen zum in Frankreich entwickelten Themenkomplex aufgrund der sprachlichen Barrieren und des Fehlens eines systematischen Überblicks über die unterschiedlichen Ansätze in dieser Theorie beschränkt. Das von Joachim Becker als Habilitationsschrift verfasste Buch verspricht mehr als diese Lücken zu füllen, indem er ausgehend von einer kritischen Rekonstruktion der Regulationstheorie eine umfassende Einleitung in den Theoriekomplex bietet und außerdem eine eigene Konzeptualisierung der Zusammenhänge zwischen Veränderungen der Kapitalakkumulation und der Territorialität der Staatlichkeit vorstellt. Damit steht im Zentrum des Buches die Frage des Raumes unter einer gesellschaftstheoretischen Perspektive, nämlich wie und unter welchen Bedingungen die Menschen 'ihre eigene Geographie machen'. Die räumliche Perspektive der Arbeit wird durch zwei weitere Dimensionen verfeinert. Zum einen wird auf den Zusammenhang zwischen Struktur und Handlung abgezielt, um eine akteurszentrierte Sichtweise der räumlichen Entwicklung ausgehend von einer marxistischen Sichtweise darzustellen. Zum anderen beschäftigt er sich mit der Frage der Entwicklung in den Ländern 'der Dritten Welt. ...
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Buch einerseits gut als Einführung in die Regulationstheorie für Politikwissenschaftlerlnnen, ÖkonomInnen und Raumforscherlnnen geeignet ist. Andererseits bietet es eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den räumlichen Dimensionen der Akkumulationsstrategien, der Regulation und des Staates. ... (Journal für Entwicklungspolitik)
Aus dem Inhalt:
ZENTRALEUROPÄISCHE WURZELN DER
REGULATIONSTHEORIE: FRÜHERE DEBATTEN ZU
KAPITALISMUS, STAAT UND TERRITORIUM 23
1.1 Wandel von Ökonomie und Staat bei Adam Smith: der
Weg zum ¿gutwillige Universalismus" 23
1.2 Friedrich List und das ¿Nationale System der
Politischen Ökonomie" 26
1.3 Werner Sombart & Max Weber: kapitalistischer Geist,
Ökonomie und Staat 28
1.4 Kapitalistische Ökonomie und bürgerlicher Staat bei
Karl Marx und Friedrich Engels........... ; 37
1.5 Des Kapitalismus ¿neue Kleider": Konzepte des
staatsmonopolistischen Kapitalismus, des organisierten
Kapitalismus und des Imperialismus ..u 52
KAPITEL 2
KONZEPTIONALISIERUNGEN DER AKKUMULATION 61
2.1 Die Grenobler Konzeptionalisierung: Akkumulation und
Produktivsystem 61
2.2 Pariser Konzepte des Akkumulationsregimes 64
2.2.1 Typisierungsachse ¿extensive/intensive
Akkumulation" 67
2.2.2 Typisierungsachse ¿extravertierte/intravertierte
Akkumulation"...'. 70
2.2.3 Typisierungsachse ¿Akkumulation
produktiven/fiktiven Kapitals" 74
2.3 Schlußfolgerungen zur Konzeptionalisierung der
Akkumulation 76
KAPITEL 3
PROZEDUREN DER REGULATION.. 79
3.1 Ein marxistisches Verständnis der Regulation: der frühe
Aglietta, de Bernis und Lipietz 80
3.2 Der Versuch einer synthetischen Konzeption der
Regulation 93
3:3 Regulation und konfligierende Ordnungen: das Konzept
Bruno Therets 104
3.4 Versuch einer allgemeinen Theorie der institutionellen
Formen: Billaudot 115
3.5 Regulation im Spannungsfeld zwischen Individuum und
Gesellschaft: der neue Aglietta 119
3.6 Versuch einer partiellen Rekonzeptionalisierung: das
Regulationsdispositiv 122
KAPITEL 4
DIE DIALEKTIK VON AKKUMULATION UND REGULATION:
REGULATIONISTISCHE LESARTEN 167
4.1 Die Grenobler Lesart: Akkumulation und Regulation im
Produktivsystem 167
4.2 Pariser Lesarten: Akkumulation und Regulation in
(nationalen) Entwicklungsweisen 171
4.2.1 Lesarten des Fordismus.....' 172
4.2.2 Lesarten des ¿unvollständigen Fordismus" 175
4.2.3 Nicht-industrielle Akkumulation und Regulation in
der Dritten Welt: ein blinder Fleck 178
4.2.4 Lesarten der Krise des ¿Fordismus" und von deren
Überwindung , 180
4.2.5 Lesarten der Krise des ¿unvollständigen" Fordismus
und der auseinanderstrebenden Entwicklungswege
der teilmdustrialisierten Länder 188
4.2.6 Verschärfte Instabilität in den
rohstoffexportierenden Ökonomien: blinde Flecken
und Herausforderungen an die Regulationstheorie 197
4.2.7 Einige Schlußfolgerungen zur Pariser Lesart der
Entwicklungsweisen 200
KAPITEL 5
ÖKONOMISCHER RAUM UND POLITISCHE TERRITORIALITÄT 203
5.1 Von Perroux Pplarisationsraum zum Grenobler
Produktivsystem 204
5.2 Die nationalstaatszentrierte Raumperspektive: die
Pariser Sicht 222
5.2.1 Die nationalstaatszentrierte Raumperspektive I:
Alain Lipietz ¿ 223
5.2.2 Die nationalstaatliche Raumperspektive II:
Versuche eines synthetisierenden Konzepts 233
5.3 Veränderungen der ökonomischen und politischen
Räumlichkeit: die weberianische Lesart Therets 239
5.4 Zwischen Verfestigung und Bewegung: die Artikulation
der Räumlichkeiten von Akkumulation und Regulation 242
5.4.1 Konzeptionalisierung 242
5.4.2 Veränderung der Territorialität von oben 249
5.4.2.1 Fallbeispiel: Koloniale Expansion Ende des 19.
Jahrhunderts 249
5.4.2.2 Fallbeispiel: Veränderung der europäischen
Staatlichkeit Ende des, 20. Jahrhunderts.. 251
5.4.2.3 Fallbeispiel: Veränderung der Territorialität im
Mercosur 256
5.4.3 Veränderung der Territorialität von unten 259
5.4.3.1 Fallbeispiel: Entstehung der Tschechoslowakei 259
5.4.3.2 Fallbeispiel: Das ¿Rote Wien¿¿