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Somatisierung

Klinik, Ursachen, Therapie in einem Kernbereich psychosomatischer Erkrankungen
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Verfasser*innenangabe: hrsg. von Hermann Lang
Jahr: 2014
Verlag: Würzburg, Königshausen u. Neumann
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Aus dem Vorwort (Entwurf) des Herausgebers: "Fragt man Menschen aus der gesunden Allgemeinbevölkerung danach, ob sie in der letzten Woche mindestens eine Beschwerde hatten, die sie zumindest leicht beeinträchtigt hat, so antworten mindestens 80% mit ja. Die meisten Menschen gehen damit nicht zum Arzt. Sie tun auch gut daran, dies nicht zu tun, nicht nur, weil sonst das Gesundheitssystem zusammenbrechen würde, sondern auch, weil die Beschwerden, oder vielleicht sollte man besser sagen: Missempfindungen, meist harmloser Natur sind, und der Arzt auch nichts finden würde, das die Beschwerden erklären könnte. Manche Betroffenen gehen gleichwohl zum Arzt.
 
Sie unterscheiden sich von denjenigen, die dies nicht tun, nicht so sehr in Art und Ausmaß der Beschwerden, sondern in psychologischen Faktoren: Sie machen sich Sorgen, dass es etwas Ernstes sein könnte, sie sind aus irgendwelchen Gründen niedergeschlagen, leiden unter Stress im Alltag oder haben belastende Lebensereignisse erfahren. In den meisten Fällen finden die Ärzte, wie erwähnt, nach entsprechender Diagnostik keine organische Ursache für diese neu aufgetretenen Beschwerden. Eine organische Ursache wird im Durchschnitt nur bei 16% der Beschwerden festgestellt, bei manchen Beschwerden auch deutlich seltener. Haben all diejenigen Patienten, bei denen keine organische Ursache der Beschwerden gefunden wird, nun eine somatoforme Störung? Selbstverständlich nicht. Sie nehmen den negativen Untersuchungsbefund vielmehr meist mit Erleichterung zur Kenntnis. Und die Beschwerden verschwinden meist auch wieder in absehbarer Zeit, und interessanterweise in gleichem Ausmaß, ob der Arzt nun eine Behandlung verordnet hat oder nicht. Neu aufgetretene Beschwerden zeigen generell einen günstigen Spontanverlauf.
 
Eine Minderheit dieser Patienten aber lässt sich nicht beruhigen und bleibt bei der Überzeugung, dass eine ernsthafte organische Erkrankung den Beschwerden zugrunde liege. Daraus kann sich dann eine somatoforme Störung entwickeln. Es ist also gar nicht so sehr die Beschwerdesymptomatik als solche, die den Grundstein für eine somatoforme Störung legt, sondern der Umgang mit diesen Beschwerden auf emotionaler, kognitiver und verhaltensbezogener Ebene, wie sich übermäßig und andauernd Sorgen machen, eine organische subjektive Krankheitstheorie entwickeln, immer wieder und trotz negativer Befunde Hilfe im medizinischen Versorgungssystem suchen. Somatoforme Störungen sind mit mehr Arztbesuchen, Krankschreibungen und Operationen verbunden als organische Krankheiten. Das Problem ist, dass die Betroffenen sich im Versorgungssystem oft gar nicht so gut aufgehoben fühlen. Sie sind enttäuscht, wenn der Arzt nichts findet (...)
 
Auch die Ärzte sind enttäuscht, wenn sie nichts finden, das sie mit ihren bewährten Werkzeugen behandeln können. Sie führen, auch aus defensiven Gründen, lieber noch eine weitere diagnostische Untersuchung durch, um ja nichts zu übersehen. (...)
Das Nicht-ernst-genommen-werden fängt schon bei der diagnostischen Bezeichnung an. Das Label "somatoforme Störung", also übersetzt etwa: "Sieht aus wie eine körperliche Krankheit, ist aber keine", scheint bei den Patienten nicht beliebt zu sein. Die ältere - und heute noch in den medizinischen Spezialgebieten geläufige - Bezeichnung "funktionelle" Störung scheint akzeptabler zu sein. Die Patienten fühlen sich oft in die "psychische Ecke" geschoben. Die unbefriedigende Situation bei der Diagnose hat dazu geführt, dass in der Überarbeitung des DSM, der 5. Version, eine andere Bezeichnung verwandt wird, nämlich "Somatic Symptom Disorder". Das klingt sehr unspezifisch, und es fragt sich, ob man durch die Änderung der Bezeichnung etwas an dem Skandalon des Sachverhalts selbst ändern kann. (...)
 
Das Skandalon des Sachverhalts besteht darin, dass man auch ohne organische Krankheit körperliche Beschwerden haben kann. Diese Beschwerden sind für das Erleben real. Würde man bei einem somatoformen Schmerzpatienten einen Hirn-Scan durchführen, würde man die Aktivität des Schmerznetzwerks sehen. Das Problem ist, dass es der Medizin schwer fällt, zu akzeptieren, dass die Betroffenen leiden und man ihnen mit anderen Mitteln helfen muss als den üblichen, nämlich mit Gesprächen, Empathie, einer tragfähigen Arzt-Patient-Beziehung. (...)
 
Das Thema "Somatisierung" führt also an eine Schnittstelle zwischen Körper und Psyche, Medizin und Psychotherapie und damit in den Kernbereich der psychosomatischen Medizin. Es lässt sich nur durch eine multidisziplinäre Sichtweise angemessen in den Blick nehmen."
 
Inhalt: Vorwort / H. Faller: Einführung / W. Hiller: Psychologische Faktoren bei somatoformen Störungen / H. Lang: Dein Leib und seine große Vernunft: Die sagt nicht Ich, aber tut Ich (F. Nietzsche) - Struktural-analytische Überlegungen zum Begriff der Somatisierung / B. Boothe: Hab mir das angeguckt und war also richtig entsetzt. - Ein körperlicher Makel und sein Schicksal in der Traumbiografie / M. Meesmann: Gibt es einen psychogenen Tod? / W. Riedel: Es ist der Geist, der sich den Körper baut (Wallenstein) - Literaturwissenschaftliche Überlegungen zum Leib-Seele-Problem / B. Wandruszka: Die Ästhesiologie von Erwin Straus. Ein neues Fundament für die psychosomatisch-psychiatrische Medizin? Mit spezieller Berücksichtigung der Somatisierungsproblematik / R. Knickenberg: Stationäre Therapie chronisch Schmerzkranker / G. Szwec: Die Entorganisierung des depressiven Zustandes beim Baby als Ursache der Essentiellen Depression (Übersetzung: Isolde Mäder-Kruse, Würzburg).
 

Details

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Verfasser*innenangabe: hrsg. von Hermann Lang
Jahr: 2014
Verlag: Würzburg, Königshausen u. Neumann
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Systematik: Suche nach dieser Systematik NK.AP
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ISBN: 978-3-8260-5563-8
2. ISBN: 3-8260-5563-2
Beschreibung: 225 S.
Schlagwörter: Funktionelle Störung, Parafunktion, Psychogene Dysfunktion, Somatisierungsstörung, Somatoforme Störung, Somatoforme autonome Funktionsstörung
Beteiligte Personen: Suche nach dieser Beteiligten Person Lang, Hermann
Mediengruppe: Buch