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Dialogus

Auszüge zur politischen Theorie
Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Ockham, Wilhelm von
Verfasser*innenangabe: Wilhelm von Ockham. Ausgew., übers. und mit einem Nachw. vers. von Jürgen Miethke
Jahr: 1994
Verlag: Darmstadt, Wiss. Buchges.
Mediengruppe: Buch
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Inhalt

Dialogus: so "lassen sich folgende Kernpunkte des politischen Denkens Ockhams festhalten:
a. Jede politische Ordnung ist kontingent: Sie könnte auch anders sein. Sie ist historisch gewachsen und kann prinzipiell (als ganze) verändert werden. Das bedeutet allerdings weder, dass der Herrschende nicht innerhalb einer bestimmten Ordnung ein Recht auf seine Herrschaft habe, noch dass die Ordnung nicht göttlichen Ursprungs sei oder nicht den Naturrecht und somit göttlichem Recht entspräche.
b. Es gibt drei Formen des Naturrechts: erstens allgemeine Grundsätze, die der natürlichen Vernunft entsprechen und über das man sich nicht täuschen kann (z. B: Du sollst nicht ehebrechen! Du sollst nicht lügen!); zweitens jene Normen, die all jene beachten müssen, die kein positives Recht kennen und die ein gemeinschaftliches Zusammenleben von Menschen erst möglich machen (z. B.: gemeinsamer Besitz aller Güter, gleiche Freiheit aller); drittens das „Naturrecht unter bestimmten Bedingungen“. Nach dem Sündenfall steht das Leben unter negativen Vorzeichen: Man kann nun nicht mehr davon ausgehen, dass die Menschen ihrer Vernunft gemäß leben und handeln. Zu den Normen dieser dritten Form des Naturrechts gelangt man nun, indem man versucht, wieder mit Hilfe der natürlichen Vernunft, aus den Normen der ersten beiden Formen zu Schlüssen zu kommen, die diese negativen Bedingungen berücksichtigen. So ist es etwa unter der Bedingung, dass ein gewaltsamer Angriff faktisch erfolgt ist, erlaubt, diesen auch mit Gewalt zu erwidern.
c. Jede dieser drei Formen entspricht der allen Menschen eigenen natürlichen Vernunft. Ihre Bestimmungen können mithilfe dieser Vernunft erkannt und beurteilt werden: Deshalb sind sie Naturrecht ihrer Geltung nach. Gleichzeitig sind sie göttliches Recht ihrer Herkunft nach, weil Gott der Schöpfer der natürlichen Ordnung ist und weil alle naturrechtlichen Normen entweder in der Bibel zu finden sind oder aus den allgemeinen Grundsätzen in der Bibel abgeleitet werden können. In diesem Sinn ist jede gesellschaftliche Ordnung und jede Herrschaft, unabhängig davon, ob sie christlich, vor- oder nichtchristlich ist, göttlichen Ursprungs und gottgewollt, sofern sie sich am Naturrecht orientiert. Jeder Versuch, das Naturrecht zumindest teilweise aufzuheben, würde zu unausweichlichen Widersprüchen führen.
d. Das „Naturrecht unter bestimmten Bedingungen“ überschneidet sich weitgehend, aber nicht zur Gänze, mit dem Völkerrecht (= die Gesamtheit jener Normen, die bei allen Völkern gelten). Davon ist nochmals das bürgerliche Recht als positives Recht einer politischen Gemeinschaft zu unterscheiden. Die Bestimmungen von Völkerrecht und bürgerlichem Recht legitimieren sich von allen drei Arten naturrechtlicher Bestimmungen her, sind aber nicht mit ihnen gleichzusetzen.
e. Das ursprüngliche gemeinsame Nutzungsrecht aller an allen Gütern wurde unter den Bedingungen, wie sie nach dem Sündenfall herrschten, eingeschränkt: Um ihr Leben unter den verschärften Bedingungen (Konkurrenzstreben, Gewaltbereitschaft) besser fristen zu können, ist den Menschen nunmehr erlaubt, Eigentum zu bilden und es rechtlich zu schützen. Wie das geschieht, bleibt den Menschen überlassen und unterliegt dem geschichtlichen Wandel. Das Eigentumsrecht dient dem Schutz dessen, was sich die Menschen zur Sicherung der eigenen Lebensfähigkeit angeeignet haben, vor fremdem Zugriff. Wenn dieses Recht seinen Zweck für das Gemeinwohl allerdings nicht mehr erfüllt, verliert es seine Gültigkeit: etwa wenn sich die Gemeinschaft auf ein besseres System einigt oder jemand zu verhungern droht: Im Fall der Not hat alles allen zur Verfügung zu stehen. Der Verhungernde darf sich nehmen, was er braucht.
f. Analoges gilt für die Herrschaftsbefugnis im kirchlichen wie im politischen Bereich: Im Naturzustand herrschte niemand über seine Mitmenschen. Nach dem Sündenfall ist es naturrechtlich erlaubt, sich angesichts der erschwerten sozialen Bedingungen das Leben zu erleichtern, indem man sich politisch organisiert. Prinzipiell darf ein Herrscher nicht abgesetzt werden, solange die Ordnung, die ihm diese Funktion zuweist, besteht. Der oder die Herrscher verlieren allerdings ihr Recht auf Herrschaft, und das nicht nur, wenn sie persönlich ihren Aufgaben und deren ethischen Anforderungen nicht gerecht werden, sondern auch dann, wenn sie ihren (objektiven) Nutzen für die Gemeinschaft verlieren: So kann der Herrscher, der auf legitime Weise gemäß Naturrecht (im dritten Sinn) herrschte, im Fall der Not „vom Reich“ abgesetzt und eingesperrt werden, und das ebenfalls kraft Naturrechts."

Details

Verfasser*in: Suche nach Verfasser*in Ockham, Wilhelm von
Verfasser*innenangabe: Wilhelm von Ockham. Ausgew., übers. und mit einem Nachw. vers. von Jürgen Miethke
Jahr: 1994
Verlag: Darmstadt, Wiss. Buchges.
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Systematik: Suche nach dieser Systematik PI.T
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ISBN: 3-534-11871-5
Beschreibung: 2., durchges. u. korr. Aufl., X, 276 S.
Schlagwörter: Ockham, Wilhelm von, Politische Theorie, Theologie, Deutschland, Kaiser, Papst, Geschichte 1330-1348, Quelle, Politik / Theorie, Politiktheorie, Politische Theorien, BRD <1990->, Bischof von Rom, Deutsche Länder, Deutsches Reich, Deutschland <Bundesrepublik, 1990->, Deutschland <Gebiet unter Alliierter Besatzung>, Heiliges römisches Reich deutscher Nation, Papsttum, Päpste, Römisch-Deutsches Reich, Sacrum Romanum Imperium
Beteiligte Personen: Suche nach dieser Beteiligten Person Miethke, Jürgen [Hrsg.]
Sprache: Deutsch
Originaltitel: Dialogus <dt.>
Mediengruppe: Buch