Aktion	Zweigstelle	Standorte	Status	Frist	Vorbestellungen
Vorbestellen	Zweigstelle: 07., Urban-Loritz-Pl. 2a	Standorte: DR Eibel / College 1x - Magazin: bitte wenden Sie sich an die Infotheke	Status: Verfügbar	Frist:	Vorbestellungen: 0

Er saß mit Gert Jonke im Zug. 15 Jahre ist das her. Jonke sagte, dass er einen Roman schreiben müsse. Weil ein richtiger Schriftsteller müsse mit 50 einen richtigen Roman geschrieben haben. „Der Jonke“, dachte Stephan Eibel Erzberg, „der Jonke lebt auch schon im Berufszwang.“ Und er dachte: „Ich schreibe einen Roman oder keinen Roman. Wie es kommt.“ Es folgten Gedichte wie "grüß mir die hornissen beim pissen / grüß mir die ameisen beim speisen / grüß mir die sterne in der ferne / und dann grüß mir noch / ernst bloch" Aber mit 47, da dachte er wie Jonke: „Ja, ich sollte einen richtigen Roman veröffentlichen. Als echter Dichter! Ich schüttel ihn nur so raus. Sechs Monate höchstens. Eher drei Monate.“ Sieben Jahre später liegt „Sofort verhaften!“ auf dem Tisch. In einer frühen Fassung hieß Schüssel Chüssel und Kardinal Schönborn Chönborn.Aber davor wurde der Steirer, der den Ort seiner Kindheit im Namen immer mitschleppt, von Anwälten gewarnt. Allerdings kommt die Brombeerpartei vor und die Himbeerpartei, und man kann schwer unterscheiden, welcher Volksvertreter zum Singen ansetzt: „I hab ka Hirn in der Birn.“ Es geht um einen Dichter. Er heißt Amen. Magnus Amen. Übergewichtig ist er, schnell geht ihm die Luft aus. Ein Abweichler und Mitglied des Ordens der Rosenbrüder. Zwar sind die Rituale komisch. Allerdings kann man sich geborgen fühlen. Der Bund ist so geheim, dass man ihn nicht einmal beim Googeln findet. Jedenfalls erbt Magnus Amen ein Haus in Eisenerz. Das ist der Ort, in dem er aufwuchs. Lassen wir Stephan Eibel Erzberg weiter zusammenfassen: „Er fährt hin, trifft seine Jugendliebe und überlegt sich, was passiert wäre, wäre er nicht weggegangen damals. Ohne dass er es merkt, gerät er in ein Netz von Intrigen. Es ist eine Geschichte über Stadt und Land, Jugend und Alter, Gemeinschaftssinn und Eigensinn.“Der 55-Jährige untertreibt. Da ist schon noch viel mehr. Es ist eine glasklare, ballaststofffreie Groteske voller Liebe und Hass geworden. Ein Riesenwerk auf nur 165 Seiten mit manchmal durchaus verwirrenden Gedanken über die heutige Zeit, in der Afrika stirbt, damit die Ausgefressenen noch fetter werden. Wie der Held im Buch, so sucht auch der Leser ständig nach Haltegriffen. Ein Bild jagt das andere: Man betetdie vakuumverpackte Leere an . . . Man diskutiert, ob es beim Oralsex darauf ankommt, den Atem der Frau zu spüren . . . Auf ein Grab des Ortsfriedhofs wird ein Spielzeug-Rettungsauto gestellt: Dieser Freund ist viel zu früh gestorben ...Stephan Eibel Erzberg, der lyrische Anarchist, hält nichts zurück. Er hebt sich nichts für später auf. Er hat alles gegeben, und jetzt will er, dass das Publikum ein ähnliches Gefühl hat wie er seinerzeit, als er Brecht gelesen hat: Zorn, Wut, Entsetzen, blankes Entsetzen. Sein Wunsch ist, der Leser wirft das Buch ins Eck, holt es wieder und wirft es noch einmal ins Eck. Die wichtigste Stelle in „Sofort verhaften!“, die ein wenig unterzugehen droht bei den Rosen und Glöckchen, spielt im Wiener AKH. Auch dort ist der kollektive Größenwahn der ICH-Menschen zu Hause, und auch dort wird übers Universum geschwafelt. Aber als die kalte Ärztin Frau Professor Zumfleisch im Büroerfährt, dass ihre Mama gestorben ist, da sperrt sie die Tür zu, da zieht sie ihren Ärztemantel aus, da sagt sie: „Magnus Amen, fick mich ganz schnell.“ Übersetzt bedeutet diese Szene, Stephan Eibel Erzberg hilft dabei: „Wir haben nur uns. Wir sind die Einzigen. Ohne Lebewesenliebe geht nichts.“ Dass einst Marcel Proust geschrieben hat, wir haben niemanden, jeder ist völlig allein – das wehrt er ab: „In meinem Hirn bin ich sowieso immer allein.“ (Kurier - Peter Pisa)