Im Mittelalter spielten magische Sprüche, Segensformeln und Beschwörungen eine überragende Rolle im Alltagsleben der Menschen. Dies belegen eine Fülle von Bild- und Textzeugnissen. Die wichtigsten und prägnantesten mittelalterlichen Beschwörungen und Heilsegen werden im vorliegenden Buch erstmals aus ärztlicher Sicht dokumentiert und erläutert. Dabei sind sowohl ihre historischen Wurzeln als auch das kulturelle Umfeld ihres einstigen Gebrauchs detailliert dargestellt. Anhand einer der größten privaten Textsammlungen verfolgt der Autor ihre Spuren bis in die Neuzeit. In Überwindung bisheriger Theorien von Magie als archaischer Ordnungssuche oder als Vorstellungen von Obskurität und Aberglaube werden die im Mittelalter geübten verbalen Kriseninterventionen vielfach als psychosomatische Begleitinstrumente von praktischer Notfalltherapie verstanden und modellhaft mit modernen neurobiologischen Forschungsergebnissen verglichen.
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Übersicht 7
A Einleitung 9
B Die Spruchtexte (nach ihrer Anwendung bei Krankheiten,
Symptomen und zur Vorbeugung) 20
1. Augenleiden: Die heilige Ottilia, die Benediktiner und ihr
Mettener Augensegen 20
2. Augenleiden: Der Segen mit den drei Meerfrauen 28
3. Bärmutterweh, Bauchgrimmen und Kolik: Beschwörungen von
St. Gallen und Indersdorf: "Bleib da, wo Gott dich hingesetzt hat!" 35
4. Bewegungs- und Stützsystem: "Gicht"-Segen 43
5. Bewegungs- und Stützsystem: Unfallfolgen, Beinbruch und Verrenkung 54
6. Blutungs-und Wundsegen von Bamberg und Strassburg 61
7. Blutungssegen: Longinus und seine Lanze 72
8. Blutungssegen mit dem Jordan: Texte von Millstatt und Trier . . . . 81
9. Blutungssegen durch das "Cruci-Fix" aus Wien und Wolfsthurn . . 93
10. Epileptische Anfallsleiden: Heilige Helfer: Drei Könige, Valentinus
und Vitus 98
11. Epileptische Anfallsleiden: Die altdeutsche Epilepsie-Beschwörung
"Doner Dutiger" 109
12. Fiebersegen mit den Siebenschläfern von Ephesus 116
13. Geburtshilfe, psychosomatische Psychotherapie oder Gefangenenbefreiung
? Der erste Merseburger Zauberspruch 122
14. Geburtshilfe mit Amulettgebrauch und Riten: "Kindli du vsgang,
Christus ruefft dir in die Welt" 133
15. Gynäkologische Psychosomatik: Die Regelblut-Therapie mit der
heiligen Veronika: "nur der Saum seines Gewandes ..." und ihr
"vera icon", das wahre Abbild des Herrn 144
16. Halskrankheiten: Der Münchner Kehlsegen, die Blasiussegen und
der "Heilige Atem" 151
17. Liebeszauber am Mondsee- an der Schwelle zur Gotteslästerung 159
18. Liebesglut an Hexenfeuern: Die inquisitorische Perversion 173
19. Migräne und andere Kopfschmerzen 184
20. Pest und andere Seuchen: Die Würzburger Pestbeschwörung des
Michael de Leone 195
21. Psychisch krank: "Besessenheit" und "Irrsinn" und das Problem
Exorzismus 211
22. Psychisch krank? Folklore-Psychiatrie: Böser Blick und böse Zungen 232
23. Psychosomatisches Allerlei: "Von dem Eysenchrowt vnd seyner
Tugent" 240
24. Schlafsyndrome: Der Münchner Nachtsegen und sein Geistergewimmel
250
25. Tiersegen: Der zweite Merseburger Zauberspruch
Wotan als Rossarzt 264
26. Tiersegen für Vieh und Hirtenhund: Wolfsbeschwörungen und
Herdenschutz 277
27. Unfall- und Gefahrenvorsorge: Die Kaiser-Karl-Briefe mit dem
Kreuzsegen und die Himmelsbriefe 291
28. Unfall- und Gefahrenvorsorge: Der Weingartener Reisesegen mit
dem heiligen Ulrich 301
29. Wunden: Die drei guten Brüder begegnen Christus 309
30. Wurmvertreibung: "gang ûz, nesso !" oder: "ubi pus, ibi evacua !" . 313
31. Wurmvertreibung: Der Regensburger Hiobsegen 323
32. Zahnschmerzen: Beschwörungen mit Petrus am Stein und die
Gebete zur heiligen Apollonia 332
33. Die heilkundlichen Segens- und Gebetsformeln der Hildegard
von Bingen (1098-1179) 346
C "Christus medicus" - Arzt und Apotheker in den Segen 361
D Anhang 367
1. Register einiger wichtiger Gehirngebiete und neurologischer Begriffe 367
2. Register mehrfach genannter historischer Persönlichkeiten 372
3. Verzeichnis der Abbildungen 373
4. Stichwortregister (Personen, Sachen und Themen) 379
5. Quellenregister (Archivalien und ältere Schriften) 385